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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 13.1902

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Velde, Henry van de: Werkstätten für Handwerks-Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.6713#0166

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INNEN-DEKORATION.

i59

Das Unternehmen, das Herr Schmidt verfolgt,
scheint hauptsächlich auf den Kräften dieser beiden
Damen zu ruhen, aber er schuldet dem Publikum
nichtsdestoweniger, sich ihnen nicht gänzlich zu
überlassen. Das Talent von Frl. Kleinhempel und
Frl. Junge ist ausserordentlich schmiegsam, aber
es stellt kein ganzes Programm vor.

Es hat sogar manchmal den Fehler (meine
Wahl von Reproduktionen hat natürlich die betr.
Werke fern gelassen), den die Dresdener Werk-
stätten für Handwerks-Kunst, wie es in einer von
ihnen veröffentlichten Schrift heisst, zu bekämpfen
suchen: »nämlich die Nachahmung der Erzeugnisse
vergangener Tage, der deutschen und italienischen
Renaissance, des Barock- und Rokoko-Stils, des
Louis-Seize und Empire-Stils.« Unsere Repro-
duktionen zeigen jedoch, dass man im übrigen wirk-
liche Anstrengungen macht, und diese Anstreng-
ungen muss man loben und sich ihrer erfreuen.

Künstler, wie Schaudt und Welter liefern
den Beweis grösserer Kraft und Kühnheit in diesem
Kampf; das sind Männer, die nicht in den Schlaf-
Zimmern der Kate Greenaway'schen Albums ge-
boren sind. Sie haben eine klarere Idee des Fort-
schritts, sie sind sich bewusster, wo unser Ziel liegt,
und folglich wird ihr Bemühen auch fruchtbringender
sein. Einzig das Talent vermag nichts, wenn es
nicht von einem klaren Bewusstsein getrieben und
auf den rechten Weg gebracht wird. Es handelt
sich hier um etwas Bestimmteres, als in der Malerei
und der Skulptur, und die Verantwortung eines
jeden ist daher um so grösser.

Eine strenge Disziplin
kann viel dazu beitragen, dass
wir schneller den Stil unserer
Zeit erreichen. Und diese
Disziplin besteht gerade in
der Thatsache, dass wir alle
dem Ziel, das wir uns von
Anfang an gesetzt haben, und
das von der Vergangenheit un-
abhängige Schöpfungen ver-
langt, treu bleiben. Einigen
wird diese Treue nicht schwer,
weil sie garnicht anders
schaffen könnten, andere hin-
gegen müssen sich erst zu
dieser Treue entschliessen.
Die Beisteuerung Jener zur
Förderung des Stils ist be-
schränkter und ihre Bemüh-
ungen sind weniger frucht-
bar, aber so unendlich wenig
sie auch beitragen mögen,

so ist doch das Kleinste schon etwas Heiliges.
Dieses sich Entschliessen hat den grossen Vorteil,
dass es den Geist in andere Bahnen lenken wird;
früher war er gewohnt, nur nach rückwärts zu
blicken, jetzt betrachtet er, was gegenwärtig vorgeht
und richtet seine Blicke geradeaus, in die Zukunft.

*

Anlässlich einer im vorigen Winter im Kunst-
gewerbe-Museum zu Breslau veranstalteten Aus-
stellung hatte ich zum ersten Mal Gelegenheit die
Möbel Koblinskys zu sehen. Beim Anblick der in
diesem Heft enthaltenen Reproduktionen werden
die Leser der Innen-Dekoration nicht mehr daran
zweifeln, dass die Werke Koblinskys zu der Schule
der verstandesmässigen und folgerechten Kon-
struktion gehören. Sein Bemühen, sich von diesen
Prinzipien inspirieren zu lassen ist gewiss, und
wenn auch einige, diesen Prinzipien fremde Ein-
flüsse, die Wirkung dieses Ensembles stören, so
bleibt nichtsdestoweniger die Kraft seiner Werke
so augenscheinlich, dass dies darauf schliessen
lässt, dass sie über das, was sie zu bekämpfen
bestrebt ist, die Oberhand behalten^wird.

Ich glaube, dass man noch die Lebenskraft
dieser Schule bestreitet, wenn sie sich schon
ganz Deutschland bemächtigt haben wird. In
Berlin werden die von mir gepflanzten Keime für
die Arbeit genügen; Riemerschmid hat in München
die Oberhand; Behrens und P. Huber triumphierten
in Darmstadt; in Dresden nimmt Kühne den ersten
Platz ein; in Breslau setzt man auf Koblinsky

E. KLEINHEMPE1 -

DRESDEN.

Auszit'h- Ti
 
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