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Commichau, Felix: Luxus und Raum-Kunst
DOI Page / Citation link: https://doi.org/10.11588/diglit.6713#0192
INNEN-DEKORATION.
183
baillie scott—London. Haus des Herrn Dr. R. K.—Mannheim.
Stuckdecke des Musik-Zimmers. Ausgeführt von Bildhauer Viasdeck—Mombach bei Mainz.
mittelbarer Kunst, der vor wenigen Jahren eingesetzt
hat und fortwährend sich steigert, ist ein Symptom
einer sich vollziehenden Gesundung unserer Nation,
unserer Rasse. Aus einer Zivilisation, die allzusehr
den Stempel einer trockenen Verstandes-Herrschaft
trug, die allzusehr im Staube unendlicher Schulung
keuchte, beginnt sie mit wieder gekräftigter Seele
sich zu erheben zu einer Kultur! — Die neue Kunst
ist eine Folge-Erscheinung dieser Bewegung, nicht
ihre Ursache. Möchten alle Kunst-Schulmeister
dies erkennen!
* *
Zu edler Form gehört auch edle Masse. Einen
Fest-Pokal, dessen Formen Anmut und Schönheit
atmen, aus gemeinem Metall zu fertigen wäre eine
Roheit, doch andererseits vertragen sich harmlose
einfache Gebilde auch nicht mit Stoff, der von
Kostbarkeit strotzt. Ein Schrank z. B., viereckig,
glatt, ohne Schwung, ohne Schmuck, aus seltenem
Korallen-Holze gefertigt, spricht nicht sonderlich
für das künstlerische Feingefühl seines Schöpfers.
Das arme Möbel, in seiner toten Pracht, wird ewig
nach Formen lechzen und dem, der es betrachtet,
kommt vielleicht auch ganz unwillkürlich das Wort
auf die Zunge: Rohheit! Die Tendenz, die die neue
Formen-Gebung schon deutlich genug beherrscht,
ist die, Wohlbildung als die erste, echteste Schön-
heit der Dinge zu betonen, Rhythmus in die »grosse
Form« zu bringen, in alle Konturen. Damit ist
eine Kluft aufgeworfen gegen alle Kunst, die seit
der Invasion der Renaissance entstand, die im reichen
Schmuck, im Herantragen von im Grunde für sich
bestehenden Gebilden an die Hauptform ihr fast
einziges Ausdrucks-Mittel sah. Nun kann Jedem,
der Augen und Gelegenheit hat, zu sehen, nicht
verborgen bleiben, dass jene neue, gesunde Tendenz,
so klar und lebendig sie auch gefühlt wird, so
köstliche Resultate ihr bereits zu verdanken sind,
über die ihr zur Verfügung stehenden Ausdrucks-
Mittel noch nicht mit voller Sicherheit zu herrschen
weiss. Sie ist eben noch jung. Dort nun, wo die
Kraft versagt, wo die Unsicherheit beginnt, wo
aber auch zugleich so viel Klarheit vorhanden ist,
um das Paktieren mit älteren Schmuck-Elementen
183
baillie scott—London. Haus des Herrn Dr. R. K.—Mannheim.
Stuckdecke des Musik-Zimmers. Ausgeführt von Bildhauer Viasdeck—Mombach bei Mainz.
mittelbarer Kunst, der vor wenigen Jahren eingesetzt
hat und fortwährend sich steigert, ist ein Symptom
einer sich vollziehenden Gesundung unserer Nation,
unserer Rasse. Aus einer Zivilisation, die allzusehr
den Stempel einer trockenen Verstandes-Herrschaft
trug, die allzusehr im Staube unendlicher Schulung
keuchte, beginnt sie mit wieder gekräftigter Seele
sich zu erheben zu einer Kultur! — Die neue Kunst
ist eine Folge-Erscheinung dieser Bewegung, nicht
ihre Ursache. Möchten alle Kunst-Schulmeister
dies erkennen!
* *
Zu edler Form gehört auch edle Masse. Einen
Fest-Pokal, dessen Formen Anmut und Schönheit
atmen, aus gemeinem Metall zu fertigen wäre eine
Roheit, doch andererseits vertragen sich harmlose
einfache Gebilde auch nicht mit Stoff, der von
Kostbarkeit strotzt. Ein Schrank z. B., viereckig,
glatt, ohne Schwung, ohne Schmuck, aus seltenem
Korallen-Holze gefertigt, spricht nicht sonderlich
für das künstlerische Feingefühl seines Schöpfers.
Das arme Möbel, in seiner toten Pracht, wird ewig
nach Formen lechzen und dem, der es betrachtet,
kommt vielleicht auch ganz unwillkürlich das Wort
auf die Zunge: Rohheit! Die Tendenz, die die neue
Formen-Gebung schon deutlich genug beherrscht,
ist die, Wohlbildung als die erste, echteste Schön-
heit der Dinge zu betonen, Rhythmus in die »grosse
Form« zu bringen, in alle Konturen. Damit ist
eine Kluft aufgeworfen gegen alle Kunst, die seit
der Invasion der Renaissance entstand, die im reichen
Schmuck, im Herantragen von im Grunde für sich
bestehenden Gebilden an die Hauptform ihr fast
einziges Ausdrucks-Mittel sah. Nun kann Jedem,
der Augen und Gelegenheit hat, zu sehen, nicht
verborgen bleiben, dass jene neue, gesunde Tendenz,
so klar und lebendig sie auch gefühlt wird, so
köstliche Resultate ihr bereits zu verdanken sind,
über die ihr zur Verfügung stehenden Ausdrucks-
Mittel noch nicht mit voller Sicherheit zu herrschen
weiss. Sie ist eben noch jung. Dort nun, wo die
Kraft versagt, wo die Unsicherheit beginnt, wo
aber auch zugleich so viel Klarheit vorhanden ist,
um das Paktieren mit älteren Schmuck-Elementen