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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 13.1902

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Schmidkunz, Hans: Dekorations-Kunst und Täuschung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6713#0235

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INNEN-DEKORATION.

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lassen uns dagegen an den lotrechten Flächen
unserer Räume, zumal nach oben hin, gerne
mancherlei perspektivische Täuschungen gefallen.

Es bedarf nicht erst einer Auseinandersetzung,
wie wichtig es in allem Künstlerischen ist, die
Hauptsachen als solche zu betonen, die Neben-
sachen als Nebensachen zu behandeln. Wohl aber
lohnt sich ein kurzer Hinweis auf die mannigfachen
Mittel, die dem Künstler zur Verfügung stehen,
die Aufmerksamkeit des Beschauers auf die Haupt-
sachen hinzulenken und von den Nebensachen ab-
zulenken. Der dem Biedermeierstil vorangehende
Empirestil verstand es ganz besonders in seiner
nüchternen, einfachen, steifen, harten Weise alles
Einzelne einem vornehmen und gewichtigen Ein-
druck der Hauptmomente unterzuordnen — zum
Teil in getreuer Ausprägung der persönlichen Natur
Napoleons. Die nähere Erkenntnis der Mittel, die
er dazu verwendete, würde allerdings ein Kapitel für
sich ergeben. —- Wichtiger ist für uns hier die Unter-
scheidung verschiedener Künste in ihrem verschie-
denen Verhalten zum Kunstmittel der
Täuschung. Anders die darstellen-
den Künste (Malerei, Plastik u. s. w.),
anders die dekorativen Künste. Dass
iene fortwährend mit dem Erwecken
eines Eindrucks arbeiten, dem die
aufgewendeten Mittel nicht direkt
entsprechen, liegt ja in ihrem
Wesen. Wenige Striche können uns
hier den Anschein einer Wirklichkeit
erzeugen, die unvergleichlich reicher
an Liniengefüge u. s. w. ist als ihr
Abbild. Was uns jedoch dabei ganz

besonders interessiert, ist dies, dass diese Künste doch
immer den konkreten Eindrücken der Wirklichkeit
nahe kommen wollen. Das Abstrakte ist nicht eigent-
lich ihre Sache. Sie werden schwerlich ein Spiel von
wenigen starken Linien entfalten, aus denen unsere
Phantasie etwa Tierköpfe oder dergl. herausbilden
soll. Wesentlich anders verhält es sich in allen dekora-
tiven Künsten. Hier ist das Abstrakte, das Stilisierte
ganz eigentlich am Platz. Die getreue Ausführung
von Stücken aus der Tierwelt, Pflanzenwelt u. s. w.
widerspricht dem Karakter des wirklich Dekorativen.

Nur darf man daraus nicht die Folgerung ziehen,
als entspreche es diesem Karakter, uns über den
Sinn des Dargebotenen zu täuschen. Ebenso wenig
wie in irgend einer anderen Kunst hat es in der
Dekoration einen Sinn, uns Gestaltungen vorzu-
führen, die eine mehrfache Bedeutung haben können.
Kunstleistungen wollen eindeutig sein. Zeichnungen,
die das eine zu bedeuten scheinen und bei näherer
Betrachtung doch etwas anderes bedeuten, sind
Spielerei, nicht Kunst. Auch die Unverständlichkeit

.MARIE GRAFIN GELDERN-EG M< »NT—BERLIN.

Schrank in heilem Ahorn-llolz. Ausgeführt von Robert Bastei—Dresden.
 
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