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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 48.1937

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Vetter, H.: Wohnräume von Emmerich Révész
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https://doi.org/10.11588/diglit.10944#0068

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INN EN-DEKORATION

müht, sie so zart wie möglich, in Weißkalk geschliffen
oder mit Wachs überzogen, einer empfindlichen Haut
vergleichbar, zu gestalten.

Die Möbel, die hier verwendet werden, sind nur
wenig von Serienmöbeln verschieden und tragen deut-
lich den Verzicht auf jede prahlerische Eigenart. Der
Svmmetrie entrückt, sind sie, wie die Menschen, die
sie benützen, nicht unverrückbar an einen Ort ge-
bannt, sondern dienen, den Bedürfnissen des Körpers
angepaßt, frei beweglich dem täglichen Gebrauch.
Auch das große Büfett, das durch seinen Sockel den
Anspruch, ein Möbel zu sein, verloren hat, wirkt noch
leicht und selbstverständlich. Und weil das Unver-
änderliche und Bestimmende eines Möbels die Be-
ziehung zum menschlichen Körper, nicht aber das
Material ist, aus dem es besteht, sind hier verschie-
dene Hölzer nebeneinander verwendet: Kirsche und
Palisander, Mahagoni und Rose usw.

Ebenso charakteristisch für die heutige »Wiener
Schule« ist die Verwendung der Gewebe, die (abge-
sehen von ihrer Farbe) allein durch die Verschieden-
heit ihrer Bindungen zur Wirkung kommen sollen.
Nicht geraffte, sondern frei fallende, fließende Vor-

hänge vor den Fenstern und Nischen, nicht gespannte,
sondern lose aufgelegte Polster auf Sesseln und Betten
bringen die Eigentümlichkeiten der Stoffe, ihreDichte
und Weichheit in der Faltenbildung zum Ausdruck
und sind wichtiger als das geometrische oder figür-
liche Muster, das sie tragen. Das in den Stoffen gebil-
dete Ornament liegt nicht mehr in ihrer Zeichnung,
sondern in ihrem Charakter. Aus diesem Grund sehen
wir die verschiedensten Gewebe unmittelbar nebenein-
ander verwendet: Velours, Schafwolle, Leinen, Seide.
Die Uniform, die Garnitur von einst ist verdrängt.

Problematisch bleiben die Lampen, deren sich Re-
vesz bedient. Die leuchtende Glaskugel, die aneinan-
dergereihten Soffittenlampen, die nackt aufgesteckten
Kugelbirnen usw., all diese Maschinenteile, die hier
wie überall in der Welt zu sehen sind, verraten das
Unbehagen der Künstler gegenüber dem elektrischen
Licht, und die - wahrscheinlich unüberwindliche -
Hilflosigkeit, mit der sie diesem Problem gegenüber-
stehen. Seitdem wir in unseren Wohnungen nichts
mehr zu verbrennen haben, weder Öl, noch Wachs,
noch Petroleum, und auch keine Geräte mehr benö-
tigen, um dieses Feuer zu tragen oder zu halten, sind
 
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