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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 48.1937

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Popp, Alexander: Baugesinnung
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https://doi.org/10.11588/diglit.10944#0131

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INN EN-DEKORATION

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gemeine Entscheidung, nur um Einzelentscheidungen
kann es sich hier handeln. Mit welcher Brutalität
wurden Häuser mit Flachdächern in alte Ortsbilder
gesetzt! Ohne wirkliche Notwendigkeit, nur aus der
Sucht heraus, modern zu gelten. Wie falsch ist es
aber andererseits, Industriebauten oder andere Groß-
bauten um jeden Preis mit Dächern zu versehen,
um sie scheinbar »ortsgebunden« zu machen. Hierbei
soll nicht gesagt werden, daß nicht auch für diese
Bauten, wenn der Zweck gegeben ist, Dächer richtig
sein können. Auch in der Landschaft wird es von der
einzelnen Aufgabe abhängen, inwieweit dieser oder
jener Dachform der Vorzug zu geben ist.

Wie mit dem Dach ist es auch mit den anderen
Baustoffen. Viele schenkt uns die Natur, und nichts
ist selbstverständlicher, als sie vor allem dort zu
verwenden, wo sie bereitliegen. Stein, Holz, Lehm,
Baustoffe, aus denen durch Jahrtausende Bauwerke
gebildet wurden, sie harren auch heute ihrer werk-
gerechten Verwendung. Nicht zufällig sind Holz-
häuser bis zur letzten technischen Vollendung dort
entstanden, wo eben reiche Waldbestände schon wirt-
schaftlich dazu zwangen. Auch der Fachwerkbau
des Mittelalters fußt auf dieser Voraussetzung. Der

Lehmbau, die Feldstein- und Backsteinbauten des
Nordens, sie alle sind materialgebunden, ortsgebun-
den. Wie groß ist der Reichtum an wertvollen Natur-
steinen, und wie oft wird nur in Unkenntnis der vor-
handenen Vorkommen Steinmaterial hunderte Kilo-
meter weit aus fremden Ländern herbeigeschafft.
An den Berliner Großbauten wurden Steine aus
Griechenland und Spanien verwendet, als hätte
Deutschland selbst kein brauchbares Material.

Gewiß besteht bei den heutigen Verkehrsmitteln
keine so große Ortsgebundenheit der Baumaterialien
wie früher einmal. Aber andererseits wird auch aus
Gedankenlosigkeit und Bequemlichkeit, oder aus
Unkenntnis, gar nicht der Versuch gemacht, den
örtlichen Baustoffen gerecht zu werden, und darum
auch die große Fremdheit so vieler Bauten in ihrer
Umgebung.

Die Verhältnisse bei den Großbauten der Stadt und
Industrien liegen anders. Hier fordern mit Recht die
neuen Baustoffe ihre Verwendung und damit ihren
Ausdruck. Die Konstruktionen der Eisenbeton- und
Stahlskelettbauten bedingen eine grundsätzlich andere
Ausbildung der umschließenden Wände eines Ge-
bäudes, und das früher selbsttragende Mauerwerk
 
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