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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 48.1937

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Selbst-Bauen oder Bauen-Lassen?
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https://doi.org/10.11588/diglit.10944#0204

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INNEN-DEKO RATION

PROF. F. A. BREUHAUS »DIELE IM OBERGESCHOSS« HAUS DR. Z. —BERLIN-DAHLEM

doch als Geformtes wieder Macht über uns hat. Archi-
tektur soll uns erziehen, sie soll in unser persönliches
Leben überpersönliche Maßstäbe bringen, soll uns in
Normen fügen, die der Alltag des Einzellebens nicht
aus sich allein gebiert. Ganz unmittelbar gesprochen:
das Haus, das ich mir baue, soll nicht Ausdruck
meiner Laune oder meiner Sonderwünsche sein,
sondern es soll bei aller Berücksichtigung meiner per-
sönlichen Bedürfnisse mich aus der allzu eigenwilligen
Zone meines Ichs hinaufheben in allgemeinere Bin-
dungen, in Gesetze, die für viele gelten, in ein Maß
der Dinge, das nicht von mir allein abhängt, sondern
das mich frei macht von mir selbst und mich in ein
Größereseinfügt. DieFormmeinesHauses soll äußerer
Ausdruck der Verbindung von Ich und Gemeinschaft
sein. Es soll meine persönlichen Wünsche befriedigen,
meine allzu persönlichen bändigen. Es soll den alltäg-
lichen Gang meines Lebens erzieherisch beeinflussen,
erzieherisch zu einer Fügung ins Ganze. Wo viele zu-
sammenwohnen müssen, ergibt sich solche Zurück-
drängung der Einzelwünsche schon aus der Notwen-

digkeit, vielerlei Bedürfnisse unter ein gemeinsames
Maß zu bringen. Beim Einzelhaus muß eine Einsicht
in das tiefere Wesen der Architektur als überpersön-
liche Macht dieses Maß bringen. Künder solcher Ein-
sicht soll der Architekt sein.

Er ist es in ganz praktischem Sinn. Die Einschaltung
eines andern bei der Verwirklichung meiner Wünsche
hat notwendig eine gewisse Verallgemeinerung dieser
Wünsche zur Folge. Mag sich der Architekt auch
noch so sehr den Ansprüchen des Bauherrn anpassen
- und es ist eine Frage seines Verantwortungsbewußt-
seins, wie weit er darin geht -, er wird das allzu Per-
sönliche doch immer in das allgemein Mögliche und
allgemein Schickliche übersetzen, allein schon durch
die Tatsache, daß er eben als ein anderer den Plan
durchlebt. Und damit nähert er das Projekt dem Stil
an, Stil hier in der allgemeinsten Bedeutung gefaßt.
Um Stil in diesem - erzieherischen - Sinn zu errei-
chen, scheint uns die Hinzuziehung des Architekten
auch beim kleinsten Wohnhausbau geraten, ja in
den meisten Fällen nicht zu entbehren. - Dr. r. r.
 
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