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Seite 2

Internationale Sammler-Zeitu ng

Nr. 1

Eine ausgesprochen kürstierische Note tragen die
Kriegsanleiheplakate Frankreichs. Den Titel „An-
leihe der rationalen Verteidigung“ haben bekannte
Künstler illustriert. Berrard Naudin hat nur in
schwarzen Umrissen außer den Emblemen von Krieg
und Frieden mit ernster Würde die Forderung ausge-
sprochen: „Unsere Söhne den Armeen, unser Gold
dem Vaterland; erfüllen wir alle unsere Pflicht!“
Auf dem Blatte von Poulbot, in diskreten Farben
ausgeführt, verläßt ein kleiner Trupp von teilweise
noch im Knabenalter stehenden Soldaten das heimat-
liche Dorf. Der älteste unter ihnen, ein Familienvater,
empfiehlt seiner zurückbleibenden Frau ,,. . .und vergiß
nicht zu zeichnen für Sieg und Rückkehr!“ Auf einem
Blatte von Adler sagt, wohlgemerkt ohne theatra-
lische Pose, die ja bei französischen Plakaten nicht
überraschen würde, ein verwundeter Soldat im Ange-
sichte des Andrangs ziviler Kriegsanleihezeichner „AID,
alle tun sie ihre Pflicht“. Geistreich ist das Blatt Ab i
Faivres: „Gebt Euer Gold her für das Vaterland!“
Bekanntlich ist auf den Zwanzigfrankenstücken der
gallische Hahn geprägt. Auf dem Plakat springt nun
der Hahn grimmig aus der Münze heraus auf einen
deutschen Soldaten, um ihn zu zerhacken.
2. Für die offiziellen öffentlichen Veranstaltungen
und Ausstellungen zugunsten der Kriegsfürsorge geht
in Österreich das k. und k. Kriegspressequartier des
Kriegsministeriums mit seinem Stabe von zugeteilten
Künstlern überall voran. Alle Plakate für die Aus-
stellungen von Kriegsbildern haben der österreichischen
Plakatkunst ein glänzendes Zeugnis ausgestellt. Noch
in frischer Erinnerung hat jeder Wiener das Blatt
von Ferdinand Kruis für die Kunstausstellung in
der Kriegsausstellung 1916 im. Kaisergarten, den Kampf
von Heroen gegen den feurigen Kriegsdrachen, ein
auffallendes und suggestives Blatt, in das sich mancher
Beschauer freilich erst einsehen muß. Weniger bekannt
sind die Blätter von Adams für die Ausstellung in
Graz, ein österreichischer Vorposten auf einem engen
Hochgebirgspaß, dann die beiden Blätter von Hass-
mann und Oswald Roux für die Ausstellungen in
Zürich und Bern. Das erste fällt durch die ungewöhn-
liche und kühne Raum Verteilung auf: eine dichte Marsch-
kolonne, darüber ein großer leerer Raum und in der
Höhe ein explodierendes Sprenggeschoß. Dann die
Blätter für die Ausstellungen des Kriegspressequartiers
in Salzburg von Franz Sterrer, in Budapest und
Agram. Der ersten Ausstellung im Kürstierhause hat
E. Puchinger einen blauen Doppeladler, auf einer
Säule sitzend, gewidmet. Unser Julius Klinger hat
für die von dem Witwen- und Waisenfonds der ge-
samten bewaffneten Macht veranstalteten Vorträge
„Der Krieg in Wort und Bild“ ein Medusenhaupt,
flankiert von Feder und Zeichenstift, dann für die
Ausstellung „Die Kunst der Nadel“ von Frau Anita
Müller dekorative Fahnen flecke als Plakat ausgeführt.
Für die deutsche Kriegsausstellung in Berlin am Zoo
stammt die Ankündigung von unserem Emil Orlik.
Ein prächtiges Schattenrißplakat, dessen Schöpfer
durchaus nicht verdient hat, anonym zu bleiben, ist
aus Anlaß des Vortrags des Universitätsdozenten
Dr. Ludo Hartmann in der Freien Schule über
„Kultur und Schule nach dem Kriege“ entstanden:
Kindergruppen im Freien mit ihren Lehrern, klar und
harmonisch in die Fläche gesetzt. In diese Gruppe
von Kriegsplakaten gehört auch das Blatt Ferdinand
Andris für das Schönherrsche Drama „Volk in
Not“, eine kräftige Tirolerin in verlorenem Profil,
die hoch am Felsen auf den Leichen von Männern
steht und selbst die Waffe zum Weiterkämpfen er-
hoben hat. Dann Leo Delitzs Blatt der Rotenkreuz-

schwester, die mitten in ihrem Samariterwerk den
dankbaren Blick des Schwerverwundeten auffängt.
Robert Wosak ist der Zeichner eines T(xtplakates
des Roten Kreuzes mit dem Halbbild einer Rotcnkrcuz-
schwester vor einem schwarzen Gruppenbild auf rotem
Giur.de, Das erste österreichische Kriegsplakat war
von A. Karpe!lus für die Ausstellung „Unser Kaiser“
im Herbste 1914. Der Turm am Eirgange der Kriegs-
ausstellung im Prater 1916 bildete ein Seitenstück zu
Olbrichs „Hochzeitsturm auf der Mathildenhöhe in
Darmstadt“. Die Wiedergabe desselben auf dem Aus-
stellungsplakat durch die Gesellschaft für Graphi-
sche Industrie brachte eine Abwechslung unter die
figuralen und Textplakate der Wiener Ankündigungs-
säulen. Das Leben im Schützengraben und Marine-
schauspiele haben Plakate von Franz Wacik und
Podgorzek festgehalten. Für den Beitritt zum öster-
reichischen Flottenverein und zur Ablieferung von
Kriegsmetall dienten Blätter von Harry Heusser
urd R. Geyer, für die Kunstsammlung des Invaliden-
fonds ein Blatt von Alexander Poch.
Die deutschen Blätter dieser Gruppe sind kraft-
voll urd ganz einfach ausgestattet, meistens reine
Tcxtplakate in klar leserlichen Typen. So von Bern-
hard die Aufforderungen zu Liebesgaben für die
Märker, die Aufrufe des Vaterlandsdanks, des deutschen
Kriegerhilfsbunds und des deutschen Hilfsausschusses
für das Rote Kreuz in Bulgarien. Unter den figuralen
Blättern vielleicht am höchsten stehend ist Ludwig
Ho hl weins Blatt mit dem ergreifend darge stellten
deutschen Verwundeten für die Rote Kreuzsammlung
1914. E. und O. Henninger haben stürmende Sol-
daten vor flammendem Hintergrund als Illustration
für Kriegskorzerte mit Schlachtenbildern verwendet,
die nicht als Kinoaufführung, sondern lebend durch
600 Mitwirkerde in Stuttgart aufgeführt wurden.
Die vom kaiserlichen Generalgouvernement veran-
staltete Graphische Ausstellung in Brüssel wurde durch
das Plakat Hans Alexarder Müllers mit dem Wahr-
züchen Brüssels, dem Dome St. Gudule, eingeführt,
eine Ausstellung von Kunst im Kriege in der Neuen
Sezession in Berlin durch ein Blatt von Schcurich.
Große Wirkung liegt im Plakat von Giss ar z für die
Württ: mb er gische Kriegs ausstellung 1916: Vor flam-
mend m Hintergrund steckt das siegreiche deutsche
Schwert mit dem darauf sitzenden Adler in einem
Hüg<l, d n schon ein Bauernpaar besät urd pflügt.
Nicht zu vergessen eines kleinen Innenraumplakats
von M. Schwarzer für die Ausstellung „Krieg, Volk
und Kunst“ in München. Kurz rach dem Einmarsch
der Verbündeten in Wilna wurde dort ein Gartenfest
zum Besten der Wilraer deutschen Armen und Waisen
abgehalten, zu dem Fred Hendrick ein, heute natürlich
schon sehr selten gewordenes Plakat gezeichnet hat:
ein deutscher und österreichischer Feldgrauer, Aim in
Arm, Tulpen in den Händen haltend. Ein anderes
Bild desselben Zeichners dient für ein Reitturnier
daselbst unter d:m Ehrenvorsitz Hindenburgs. Für
die Kriegskinderspende lädt Kronprinzessin Cäcilie
mit eigenhändiger Unterschrift ein. Gefällige Blätter
hab.n ferner Hohlwein, Saltzmann, Gipkens und
Wohlfahrt der Reichsmarinestiftung, der Volksspende
ftr die deutschen K-'iegs- und Zivilgefangenen, für den
Anbau der ölhaltigen Sonnenblumen, endlich für die
Benagelung des eisernen Wehrmannes in Königsberg
gezeichnet.
Unter den französischen Künstler plakaten sind
jene besonders stimmungsvoll, die für den National-
festtag der Erstürmung der Bastille, den 14. Juli 1915,
dann für andere Opfertage gemacht worden sind.
So für den „Pariser Tag“ ein Blatt in Zeichnungsmanier,
 
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