Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
internationale
£amm1cr>ifunj
Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.

9. Jahrgang. Wien, 1. Oktober 1917. Nr. 19.

Chinesisches Porzellan.
Von Hofrat J. Bradel (Wien).

In unserer Zeit ist es vor allem Nordamerika, wo
am frühesten und intensivsten ostasiatische keramische
Erzeugnisse gesammelt wurden, so daß dort nunmehr
eine ganze Reihe, zum Teile hervorragender, Privat-
sammlungen besteht. Wie solche Erzeugnisse derzeit
gesucht und welche Summen speziell für chinesisches
Porzellan gezahlt werden, zeigen die Auktionsberichte.
So erreichte in den Auktionssälen von Christie in
London ein Humpen der K’ang-Hi-Periode mit
schwarzem Emailgrund und Blumenornamenten, 27 Zoll
hoch, den Betrag von K 120.000, ein anderes Stück
aus gleicher Zeit, 18 Zoll hoch, mit gelbem Grund,
K 110.000. Ferner wurde die bekannte orientalische
Porzellansammlung Pierpont Morgans um. die Summe
von 20 Millionen Franken von den Kunsthändlern
Brüder Duveen in New-York erworben. Interessant
ist hiebei, daß der größte Teil dieser Sammlung vor
20 Jahren bereits im Besitze dieser Firma war und
damals um zirka 1% Millionen verkauft wurde. In der
Zwischenzeit hat sich also der Preis mehr als verzehn-
facht.
Dagegen erzielen die Stücke ostasiatischer Keram.ik
bei den Wiener Auktionen recht bescheidene Preise,
was wohl auf das bei uns mangelnde Interesse für die
Werke orientalischer Kunst und Kunstindustrie über-
haupt zurückzuführen ist. Es ist jedoch zu hoffen, daß
in dem Maße, als jetzt unsere alten Beziehungen zu
Völkern des Orients enger geknüpft und neue hergestellt
werden, ihrer Kunst und Kunstindustrie wieder ent-
sprechende Beachtung zugewendet werden wird. In
unserem, unter der Leitung des Universitätsprofessors
Hofrat Dr. Strzygowski, stehenden Kunsthistori-
schen Institute wird diesem Gegenstand bereits seit
längerer Zeit besondere Aufmerksamkeit gewidmet.
Speziell über das chinesische Porzellan konnte man
sich früher eigentlich nur aus Werken der französischen
und englischen Fachliteratur informieren. Nunmehr
besitzen wir jedoch das ausgezeichnete, von Professor
Dr. E. Zimmermann, Direktor der königlichen
Porzellansammlung in Dresden (im Jahre 1913) heraus-
gegebene Buch „Chinesisches Porzellan, seine Ge-
schichte, Kunst und Technik“ und den von Zimmer-
mann im Jahre 1914 verfaßten neuen, sehr instruktiven
Katalog der Dresdener Sammlung chinesischer Por-
zellane, Werke, die für das jedem Sammler unerläß-

liche Studium an der Hand guter Stücke besonders
geeignet sind.
■ Wer nicht Gelegenheit hat, die reicher dotierten
Museen des Auslandes zu besuchen, wird sich mit dem
Studium guter farbiger Abbildungen erstklassiger Por-
zellane in Werken der Fachliteratur behelfen müssen,
um. ein möglichst geschlossenes Bild von der Reich-
haltigkeit, hohen Vollendung und Schönheit der chine-
sischen Porzellane zu erhalten. Das ist aber auch aus
dem Grunde zu empfehlen, um nicht anderseits in den
Fehler zu verfallen, sich etwa von den eingangs er-
wähnten, mit so exorbitanten Preisen bezahlten Stücken
ein zu überschwängliches, von der Wirklichkeit nicht
erreichbares Bild zu machen. Denn schließlich sind
doch auch auf dem. Gebiete der Porzellankunst, durch
das zu behandelnde Material und die nie ganz zu
beherrschenden Launen des Feuers im Brennofen, dem
menschlichen Können gewisse Grenzen gesetzt.
Dem Zwecke einer solchen Orientierung entspricht
am besten das Werk von Gorer and Biacker „Chinese
Porcelain and Hard Stones“, 1911, wo in erster Linie
besonders schöne und wertvolle, in Museen und hervor-
ragenden Privatsammlungen vorhandene chinesische
Porzellane abgebildet und beschrieben sind. Das Werk
hält sich daher auch nicht an die entwicklungstech-
nische Zeitfolge der Porzellane, sondern beginnt mit
den gegenwärtig meistgeschätzten Stücken, den Vasen
mit schwarzem Emailgrund. Weiter sind zu empfehlen
die Werke: O. du Sartel „La Porcelaine de Chine“,
1881; Grandidier „La Ceramique Chinoise“, 1894;
Walters „Oriental Ceramic art“, 1897 und Gulland
„Chinese Porcelain“, 1902. (Die Werke der einschlä-
gigen Literatur sind in Wien in der Bibliothek des
Österreichischen Museums zumeist vorhanden.)
Wie erwähnt, sind gegenwärtig die höchstbewer-
teten chinesischen Porzellane jene mit schwarzem
Emailgrund. Die Wiener Orientalisch-keramische Aus-
stellung im Jahre 1884 enthielt elf derartige Stücke
(Katalog Nr. 5 bis 15) aus dem Besitze des Fürsten
Johann von Liechtenstein. Die Stücke sind aber
leider in der in den Räumen der fürstlich Liechtenstein-
schen Gemäldegalerie untergebrachten keramischen
Sammlung nicht aufgestellt. Dagegen ist eine ungefähr
drei Viertelmeter hohe prachtvolle Vase mit schwarzem
Emailgrund — ihr Wert wird auf M 80.000 geschätzt —
 
Annotationen