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Jahrbücher für Kunstwissenschaft — 6.1873

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Hagen, A.: Herzog Albrecht I. von Preussen als Beschützer der beiden Cranach
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https://doi.org/10.11588/diglit.51376#0133
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Von Prof. A. Hagen.

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Interesse, wie kein Werk von Dürer. Das eine galt ebensoviel bei den
Katholiken, als das andere bei den Protestanten. Beide Compositionen
haben für Königsberg einen um so höheren Werth, als hier durch Bild-
liches seine Geschichte vervollständigt werden kann.
Kein Marienbild ist und wird so häufig kopirt, als das Mariahilfbild
in der h. Kreuzkirche in Inspruk. Mariahilf - Kirchen und Mariahilf-
Brüderschaften wurden zu Ehren des Werkes gestiftet, das schon damals,
als es sich in Passau befand, durch wunderthätiges Wirken Verehrung
und Anbetung heischte. Eben so oft in Bayern als in Oesterreich wird
die Madonna mit dem Kinde angetroffen von aussen an den Häusern
und im Innern auf Bildtafeln in allerlei Grössen. Schon die verstechenden
Farben verrathen uns den Meister, der das Original fertigte.
Eine Madonna mit dem stehenden Kinde von Cranach’s Hand er-
blicken wir in der Domkirche in Königsberg über dem Grabmal, das
zweien Knaben der Vater Georg Sabinus, der erste Rector der Al-
bertus-Universität, gesetzt hatte. Wahrscheinlich war die Tafel von ihm
aus Wittenberg hiehergebracht. Um die Aufstellung im protestantischen
Gotteshause als weniger auffällig erscheinen zu lassen, mochte er selbst
bei den Leuten die Meinung verbreitet haben, das Brustbild solle als
Mutter seine Gattin Anna Melancthon darstellen, wie sie einen der ent-
schlafenen Söhne in den Armen halte. Die alte Beschreibung der Dom
kirche von 1716 giebt an, das feine Bild sei nach der Meinung einiger
Anna Melancthon, nach der Anderer eine Mutter Gottes. Der schöne
Kopf ist aber ideal gehalten. Wenn sonst die weiblichen Köpfe bei
Cranach immer dasselbe rundliche Apfelgesicht zeigen, so stimmt dieser
mit den in Form und Ausdruck abweichenden auf dem Mariahilfbilde
überein. Das nackte Kind, das auf dem Schooss der sitzenden Madonna
steht, zeigt weniger angenehme Formen als sie, die voll inniger Zärtlich-
keit dasselbe mit beiden Händen umfasst und mit hingebender Milde die
Wange an die des Lieblings legt. Die Bescheidenheit der Färbung ist
auf einem Cranach’schen Bilde merkwürdig. Weiss ist das Kleid und weiss
der Mantel, über den die Fülle des gelben Haares niederfliesst. Der Strich
quer über der Stirn zeigt, dass diese ein durchsichtiger Schleier deckt.
In dem Bilde entdecken wir, so scheint es, die erste Anlage des
gefeierten Mariahilf bildes. Durch Bewegung und Buntfarbigkeit unter-
scheidet sich dieses von dem bezeichneten Werke, das der Pinsel des
Meisters mit schüchterner Zurückhaltung geschaffen. Dort steht das Kind
nur auf einem Fuss und schlägt den andern über den linken Arm der
Mutter. Der lebhaften Stellung entspricht die Nebeneinanderstellung der
Contrastfärben.
 
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