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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 5.1911

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Kurth, Betty: Ein Freskenzyklus im Adlerturm zu Trient
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https://doi.org/10.11588/diglit.18127#0024
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Betty Kurth Ein Freskenzyklus im Adlerturm zu Trient

Bischofs Bernhard von Cles (1514—1539), der die prächtige neue Burg bauen ließ und die
alte von Grund aus renovierte, erfahren wir, daß auch am Adlerturm Restaurationsarbeiten
vorgenommen wurden9). Diesem Bischof dankt auch der gedeckte Wehrgang, der noch
heute das neue Kastell mit dem Adlerturm verbindet, seine Entstehung. Die folgende Bau-
geschichte des Kastells enthält nichts, was für uns von Belang wäre. Erst in neuester Zeit
ergab sich wieder die Notwendigkeit, Restaurierungen und Sicherungsai-beiten am Adlerturm
vorzunehmen. Die Mauerstärke erwies sich im Verhältnis zur Höhe des Turmes als zu
schwach und einige Sprünge an den Seitenmauern zeigten deren Baufälligkeit an. Der
Turm wurde in der Höhe des zweiten Stockwerkes verankert, die Sprünge verputzt, die
vorher offenen Fensteröffnungen verschlossen. Die Arbeiten waren im September 1905
vollendet10).

Gegenwärtig ist der Wehrgang hinter dem Geierturm zugemauert. In das Innere des
Adlerturmes gelangt man vom Hofe aus durch das ehemalige Ballspielhaus, welches jetzt
als Magazin dient, über eine lebensgefährlich steile und morsche Holztreppe. Die Räume
sind in einem sehr verwahrlosten Zustand. Die Fußböden sind aufgerissen, die Fenster
teils zugemauert, teils mit Holzläden verschlossen, im obersten Geschoß fehlt die Decke
und es liegen die Balken des Dachstuhles offen. Jahrzehnte alter Schmutz und Staub überall.

Jedes Stockwerk des Turmes stellt nur einen Raum dar. Im ersten Geschoß umzieht
ein schmaler dekorativer Puttenfries, von einem Italiener des XVI. Jhs. gemalt, die Wände.
In der südöstlichen Ecke des Gemaches öffnet sich eine ins zweite Stockwerk führende
Wendeltreppe, deren Verschalung mit einem nur teilweise erhaltenen gotischen Holzmaß-
werk vom Anfang des XV. Jhs. geziert ist. Es zeigen sich auch Spuren von Bemalung,
besonders an der Innenseite der Verkleidung. Im zweiten Stockwerk befinden sich die Monats-
bilder. Die aus diesem Gemach in das oberste Geschoß führende Wendeltreppe ist nicht
mehr vorhanden. Jetzt befindet sich an deren Stelle eine einfache Holzstiege. In diesem
obersten Raum zeugen nur spärliche Reste von der einstigen malerischen Ausschmückung-.
An der Ostwand sind undeutliche Freskospuren zu sehen; man unterscheidet eine Stiege,
eine Mauer, zwei Tore und die schwarzbekleideten Beine eines Mannes. Soweit sich aus
diesen Resten ein Urteil schöpfen läßt, scheinen diese Fresken derselben Stilepoche angehört
zu haben wie unsere Monatsdarstellungen. An der Nordwand befindet sich ein halbzerstörter
dekorativer Fries aus der Zeit des Bernhard von Cles.

Ich war leider nicht so glücklich, eine Nachricht oder Quelle zu entdecken, die uns
über den Termin der Ausmalung oder über den Künstler irgend einen Aufschluß zu geben
vermöchte. Selbst in den alten Beschreibungen des Kastells und seiner Kunstwerke wird
der Adlerturm zumeist unerwähnt gelassen11). Nur der sienesische Arzt und Botaniker
Dr. Pietro Andrea Mattioli, der in den Dreißigerjahren des XVI. Jhs. das Trentino be-
suchte, und der in begeisterter Umständlichkeit ein allzu langes und allzu überschwengliches
Gedicht über das Kastell del Buon Consiglio der Nachwelt überlieferte, beschreibt die
damals prunkvoll ausgestatteten Räume des Adlerturms12). Dort heißt es:

°) Nach der Instructio renovata vom 10. Dezember
1534 k. k. Statthaltereiarchiv in Innsbruck. Zitiert von "Wozl.

10) Die Arbeiten werden angewiesen laut Akt Nr. 2210
und 473 der Z. K. Am 17. September 1905 ist von den
vollendeten Arbeiten die Rede. Akt. 191205.

u) Laurentius Schräder: Monumentorum Italiae,
quae nostro saeculo a Christianis posita sunt. Helmstadii

1592. Michelangelo Mariani: Trento con il sacro con-
cilio ed altri notabili 1673. Franc. Bartoli: Le Pitture,
sculture ed architetture della citta di Trento, 1780. Biblioteca
comunale Trient MS. Nr. 1207.

12) Pietro Andrea Mattioli: II magno Palazzo del
Cardinal di Trento. Venezia. Marcolini 153g. Neudruck
Trient 1858.
 
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