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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 5.1911

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Hilbert, K.: Das Grab des hl. Wenzel
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Bergner, Paul: Zwei unbekannte Gemälde von Hans Baldung Grien
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https://doi.org/10.11588/diglit.18127#0274
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Paul Bergner Zwei unbekannte Gemälde von Hans Baidung Grien

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gefüllt, in der Mitte ein kleiner, aus Bleiblech er-
zeugter, mit Steinplatten umlegter Kasten, welcher
mit Abdruck eines Ringes versiegelt war. Das Siegel
zeigte ein Profil Karls IV. und die Umschrift — REX
BOEMIE —. Ober der Erde morsches Holz, wahr-
scheinlich vom alten Sarge.

Im Kästchen fanden sich: mehrere Reliquien des
Heiligen, ein zerfallenes Kästchen, welches mit ge-
preßtem Leder bespannt war, ein rötlicher Seiden-
stoff als Umhüllung und zwei Bruchstücke eines
Siegels des Erzbischofes Ernst von Pardubitz (ge-
storben 1364). Weiter fand man ein vom Kästchen
abgefallenes silbernes Plättchen, welches folgende
sechszeilige Aufschrift trägt:

HIC - SÜT- OSS A- ET- CINERES-SÜISSIMI-WECEZ-
LAI-MRiS-RECOLLCA-lN-HUMO-HUI-SEPULCRI-
NE-PUTRE-Dil-CÖSUMERETUR-PER-ARNESTUM
ARCHIEPM-P'GEN-DEMÜ-AD EXORTACOM-ET
MADATÖ-S'ENISSI-REGIS-DNI-WECEZLAI Q'ET-
KAROL'-ROqNOR'-ET-BOHElE-REGIS-ET SEP-
AUGTI PRESETE-EODE-REGE-ARCHIEPO-PLA-
TIS ET-CANONICIS-PLURIBUS-SCE-PCEN-ECCE

In der Erde fanden sich einige Bruchstücke von
romanischen Pflasterplatten, zwei silberne Brakteate
und zahlreiches verbranntes Holz.

Die Wände des Grabes waren aus Sandstein
fein gearbeitet. Die Art der Bearbeitung weist auf
den Meister Matthias von Arras hin. Einige Werk-
stücke zeigten mit Blei roh gezeichnete Zeichen. Der
Boden war aus Opukaplatten.

Unter den Bodenplatten fand ich nur gewach-
senes Erdreich.

Bei Bergung der Reliquien und Untersuchung
des Grabes habe ich wahrgenommen, daß das Grab
noch mit Resten von zwei verschiedenen Bauten,
nämlich der dem St. Veit geweihten, vom Fürsten
Wenzel dem Heiligen erbauten Kirche und der nach
1060 erbauten Basilika umgeben ist.

Den Bericht über diesen immer größere Dimen-
sionen annehmenden Fund muß ich mir für spätere
Zeit vorbehalten. Denn ohne Grundrisse des Fundes,
welcher die ganze Fläche der St. Wenzelskapelle
und des südlichen Querschiffes einnimmt und bis in
das Mittelschiff des jetzigen Domes reicht, ist ein
verständlicher Bericht nicht zu geben.

K. Hilbert

Zwei unbekannte Gemälde von
Hans Baidung Grien

In der reichhaltigen und interessanten Gemälde-
sammlung des Bohuslav Grafen Kolowrat-Krakowsky-
Liebsteinsky, die im Schlosse zu Reichenau a. d. K.
in Böhmen untergebracht ist, fand ich zwei Gemälde
von Hans Baidung Grien.

Wie Baidungs Gemälde in Kassel, stellt das
eine der Reichenauer Bilder, die Monogramm, Da-
tierung und Aufschriften des Meisters tragen, den
Ringkampf des Herkules mit Antäus dar, ist aber
in der Komposition und Auffassung abweichend vom
Kasseler Bilde. Auf unserem Bilde steht vorne der
nackte, bärtige Herkules und hält den ebenfalls
nackten, vor Entkräftung zusammengesunkenen
Antäus über dem Erdboden. Auf der rechten Schulter
des Herkules das flatternde Löwenfell. Malerisch
interessant sind hier die Kontraste der beiden nackten
Körper: Herkules mit beinahe weißlichem Fleisch-
ton, aber auffallend rotgelben Schatten, die nament-
lich an den spielenden Muskeln die Anstrengung im
Kampfe charakterisieren, während Antäus' gleich-
mäßig gelblicher Körper uns den überwundenen,
abgematteten Kämpfer zeigt.

Ein Versuch, durch koloristische Mittel den
Vorgang zu charakterisieren, der auch sonst bei dem
Meister beobachtet werden kann1). Rechts bilden
die in gleichmäßigem Braun gehaltenen Felsen eine
Höhle, vor welcher unter Steinen Löwenfelle liegen.
Vor den Kämpfern auf der dunkelgrünen Grasfläche
liegt die Keule. Links Architektur, auf einem Pi-

lasterkapitäl die Inschrift (-igR^VLI' In der Mitte
•Durchblick auf bewaldete Berge. Leichte, weiß-
liche Wolken ziehen gegen den nach oben blauen
Himmel. Links unten auf einer Steinfläche die Datie-
rung: 1530.

Das zweite Gemälde stellt den Opfertod des
Marcus Curtius dar. Der Held ist gerade im Begriffe,
sich in voller Rüstung mit dem Pferde in den
rauchenden Erdschlund zu stürzen. Sein braunes
Pferd mit weißer Mähne und hellgelblichem Schweife
ist im Sprunge. Der Held sitzt auf einem Löwenfell
und zieht mit der Linken den Zügel zurück, während
die Rechte das kurze Schwert wie zum Angriffe
schwingt. Er trägt einen blauen Helm, gelblich-
braunen Brustpanzer, über die Lenden ist ein dunkel-
braunes Tuch gelegt und von den Schultern herab

') Ich erinnere an die Vanitas von Baidung aus der
Sammlung Weber in Hamburg.
 
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