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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 5.1911

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Dvořák, Max: Italienische Kunstwerke in Dalmatien
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https://doi.org/10.11588/diglit.18127#0011
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Fig. I Kloster
Paludi bei Spalato

Italienische Kunstwerke in Dalmatien

Von Max Dvoüäk

Es gibt wenig Länder in Europa, die kunstgeschichtlich so unbekannt wären wie Dal-
matien. Ein Engländer hat wohl ein hübsches Buch darüber geschrieben, wie es Engländer
über unbekannte Länder schreiben, auf die sie in ihrem traditionellen Wandertriebe gestoßen
sind. Und einzelne Kunstgelehrte, wie Eitelberger oder Venturi, haben dies oder jenes in
dieser ultima Thüle der künstlerischen Zivilisation gefunden, was ihnen als beachtenswert
erschien; ein Treibholz der großen künstlerischen Strömungen, das zufällig an der orientali-
schen Küste der Adria abgelagert wurde.

Dalmatien hat aber eine künstlerische Vergangenheit, die weder exotisch noch von
Zufälligkeiten abhängig war. Es hatte eine merkwürdige historisch ungemein lehrreiche
Kunst im Mittelalter und gehörte zu den wichtigsten Territorien der venezianischen Kunst
der Neuzeit. Der unerschöpfliche Reichtum des künstlerischen Schaffens in der Lagunen-
stadt, jenem in Rom kaum nachstehend, wäre unerklärlich, wenn er nur an die Bewohner
von Venedig selbst angewiesen gewesen wäre. Doch die Republik war, abgesehen von der
künstlerischen Weltstellung, die sie sich erst allmählich errungen hat, worauf man zuweilen
vergißt, ein großer Staat, ein Kolonialreich, wie das heutige England und beherrschte mit
seiner Kultur und auch mit seiner Kunst weit größere Gebiete als alle anderen politischen
Mächte Italiens. Man kann den Geist der venezianischen Kunst kaum verstehen, wenn man
die venezianische Territorialkunst nicht kennt, die in mancher Beziehung am reinsten in
Dalmatien zum Ausdruck kommt.

Wie rudimentär wäre z. B. die Beurteilung der venezianischen Architektur ohne Kennt-
nis der dalmatinischen Denkmäler, die oft derb und unbeholfen, doch vielfach freier und
phantasievoller als stadtvenezianische Bauten sind. Eine merkwürdige dekorative Plastik
schloß sich dieser Architektur an und es unterliegt keinem Zweifel, daß dieser architekto-
nische und plastische Provinzialstil mit seinem urwüchsigen kraftvollen und zugleich phan-
tastischen Gepräge nicht nur auf die Kunst der Lagunenstadt zurückging, sondern sie auch
beeinflußte und ihr stilistische Elemente vermittelte, die sich bis in die ersten Jahrhunderte
der christlichen Ära zurückverfolgen lassen.

Außer dieser abgeleiteten Kunst gab es aber auch in Dalmatien eine Fülle von Kunst-
werken, vor allem Malereien und kunstgewerblichen Arbeiten, die aus italienischen Kunst-
zentren dahin gebracht wurden. Davon ging freilich in dem durch Schicksalsschläge so oft

Kunstgeschichtliches Jahrbuch der k. k. Zentral-Kommission 1911 {
 
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