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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 5.1911

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Bergner, Paul: Matthias Gundelach, Kammermaler Rudolfs II.
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Presel, J.: Monumenta deperdita
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https://doi.org/10.11588/diglit.18127#0282
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i87

Monumenta deperdita

188

Urkhunt und Beglaubigung deßen, hab ich diese
Khuntschaft mit. meinen aufgedruckten Petschaft und
aigenen Handt unterschrifft bekreftiget. Geschehen
zu Prag den 9. Augusti Anno 1612.

Mattheus Gundelach
L. S. R : K : Mayt: Kammer

maier."

Dieser Lehrbrief ist aus mehreren Gründen
interessant. Vor allem hat er biographisches Interesse.
Bei vielen rudolphinischen Künstlern sind uns nur
wenige, biographische Daten überliefert. So auch bei
Gundelach. Die ersten Nachrichten gibt uns Joachim
von Sandrart, der uns berichtet, daß Gundelach in
Hessen geboren gewesen sei und in Prag die dortige
Malerschule studiert habe. Er habe hier die Witwe
des Hofmalers Josef Heintz (Heinz) geheiratet und
sei in kaiserliche Dienste gekommen. Nach des
Kaisers Tode habe er in Augsburg viele Gemälde
aus der Geschichte des Kaisers Karl V. gemalt. Auch
das Todesjahr 1653 unseres Künstlers wird uns von
demselben Autor übermittelt.

Möglicherweise hat Gundelach seine Berufung
an den Hof Rudolfs II. seinem Landsmanne, dem
ebenfalls aus Hessen stammenden, von Rudolf ge-
schätzten kaiserlichen Kammeruhrmacher Jobst
Burgi2) (15. Mai 1604 als Kammeruhrmacher mit
monatlich 60 fl. aufgenommen), zu verdanken. Gunde-
lach selbst wurde am 1. November 1609 zufolge
kaiserlichen Dekretes zum Kamniermaler mit einer
Hofbesoldung von monatlich 25 fl. aufgenommen und
scheint in Prag ohne Unterbrechung bis zum Tode
Rudolfs für den Kaiser tätig gewesen zu sein. Nach
dem Tode des Hofmalers Josef Heinz (1609) heiratete
er dessen Witwe. Nach Rudolfs Tode war er ganz
gewiß noch für Kaiser Matthias tätig. Wann er Prag
verlassen hat, um nach Augsburg zu gehen, ist nicht
sichergestellt. Wir können seine Anwesenheit in Prag
bis 31. August 1612 dokumentarisch nachweisen. Am
9. August 1612 stellt er den abgedruckten Lehrbrief
aus und am 31. August desselben Jahres ließ er durch
seinen Schwager Grezinger Steuern in Augsburg
bezahlen'1), wo er im Jahre 1653 starb.

Wie wir aus dem abgedruckten Lehrbrief er-
sehen, hielt sich unser Meister in Prag einen Lehr-
jungen (möglicherweise mehrere), obzwar die Prager
Malergilde das Halten von solchen gerade bei den-

2) Siehe „Jobst Burgi", Kammeruhrmacher Kaiser
Rudolfs II. von ' C. Alhard von Drah, Jahrbuch des
Allerh. Kaiserhauses, XV, S. 15—44.

3) Siehe Jahrbuch des Allerh. Kaiserhauses XV.
„Josef Heintz,. Hofmaler Kaiser Rudolfs II. von Berthold
Haendcke", S. 5.6........ .. 1 . ' ;

jenigen Hofkünstlern untersagte, die nicht Mitglieder
der Zunft waren. Gundelach kommt in den Prager
Malerprotokollen vom Jahre 1600—1656 als Mitglied
nicht vor. Die Malweise unseres Künstlers verrät
zwar deutlich Einflüsse Spangers und Hans von
Achens. Doch ist damit wenig zur Charakteristik
der Werke Gundelachs gesagt; die wenigen uns von
ihm bekannten und sicher bezeichneten Werke zeigen
eine auffallende Ungleichheit in der Malweise, die
gerade bei der Bestimmung seiner nicht bezeichneten
Arbeiten leicht zu Irrungen führen. Deshalb ist jeder
verläßliche Anhalt für die Bestimmung gerade hier
doppelt erwünscht.

Ein solcher ist uns geliefert durch das auf dem
Lehrbriefe aufgedruckte Siegel Gundelachs mit dem

H G

Monogramm . Mit Hilfe dieses Monogramms

gelang es mir, zwei Bilder unseres Meisters sicher
zu bestimmen. Sie befinden sich im Besitze des
Grafen Georg Karl Buquoy (Prag und im Schlosse
Rosenberg) und erinnern auf den ersten Blick an die
Art der rudolphinischen Maler um 1600. Doch schien
die ganze Auffassung und Malweise eher auf Hans
von Achen oder Spranger als auf Gundelach selbst
zu deuten. Das eine Gemälde stellt die Anbetung
der Hirten dar und ist: M. G., das zweite die An-
betung der Könige: monogrammiert. Beide auf
Buchenholz 0*50m hoch, 0'34 m breit.

Jedenfalls ist damit ein wertvoller Beitrag zur
genaueren Kenntnis unseres Meisters gewonnen. Denn
die Liste sicherer Werke, die sich in der kaiserlichen
Galerie, bei Herrn Matswansky in Wien, in der
Galerie zu Bamberg, im Rathause zu Augsburg be-
finden, ist ja recht kurz. Weitere Gemälde Gunde-
lachs hoffen wir noch während der eingangs erwähnten
Ausstellung von Werken der Maler am Hofe Rudolfs II.
durch vergleichendes Studium sicherzustellen.

Paut. Bkrgnek

Monumenta deperdita

1. Finis Vindobonae

Ein Freund brachte mir die nebenan abge-
bildete Aufnahme des Mehlmarktes vom Jahre 1864
als ein der Publikation würdiges historisches Doku-
ment. Zuerst freute ich mich über die schöne
interessante Photographie, wie man sich über eine
neuentdeckte Quelle, über ein unbekanntes Denkmal
freut. Dann kam mir aber zum Bewußtsein, wieviel
trauriger Resignation dieser Freude zugrunde liegt.
Das alte schöne Wien war einmal und man findet
 
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