Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 5.1911

DOI Artikel:
Kurth, Betty: Ein Freskenzyklus im Adlerturm zu Trient
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.18127#0045
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Betty Kurth Ein Freskenzyklus im Adlerturm zu Trient 25

Trientiner Landschaft und die große Ähnlichkeit des südtirolischen Klimas mit dem ober-
italienischen" in ~ Betracht ziehen. Wir haben weiter festgestellt, daß sich in Trient einige
ganz eigenartige Kompositionen finden, die keine Analogien in der Kalenderillustration
deutscher Handschriften des XHI.Mind XIV. Jhs. aufweisen. Doch wurden wir wiederholt
zum Vergleiche mit französischen Monatszyklen gedrängt. Worin nun diese Abweichungen
gegenüber den frühern deutschen Denkmälern bestehen und warum gerade in Frankreich
ähnliche Züge sich finden, bedarf noch der Erklärung. Um einer solchen näher zu kommen,
müssen wir vorjallem einen Blick auf die Entwicklung der Kalenderillustration seit der
Antike werfen.

Riegl40) hat nachgewiesen, wie sehr die Monatsbilder des frühen Mittelalters, der karo-
lingischen und nachkarolingischen Zeit, noch unter antikem Einflüsse stehen. Die einzelnen

Fig. 9 Verona, S. Fermo Maggiore. Porträt des Guglielmo Castelbarco

Monate sind durch Allegorien und Personifikationen vertreten, wie sie schon im antiken
Festkalender üblich waren47). Nur langsam und schrittweise werden die überlieferten Schemen
durch neue naturalistische Darstellungen verdrängt, die ihren Stoffkreis dem alltäglichen
Leben des Bauern und Landmannes, den Tätigkeiten der Hauswirtschaft entnehmen. An
Stelle der allegorischen Figuren treten die den betreffenden Monaten entsprechenden Tätig-
keiten in Haus und Feld. Es ist noch nicht gelungen, mit Sicherheit festzustellen, wo sich
dieser Umschwung vollzogen hat. Alle Spuren weisen auf den Norden und insbesondere
auf Frankreich. Die karolingische Kalenderliteratur bietet den Text für die neuen Monats-
zyklen, lange bevor die bildende Kunst sich ihrer bemächtigt hat. Die Gedichte des Wand-
albert von Prüm, die Carmina Salisburgensia48), tragen unter ihrem antiken Gewand das
Vorbild der neuen Typen. Das von Riegl besprochene Wandalbertmartyrolog der Regina,

*6) Alois Riegl: Die mittelalterliche Kalenderillustra- Kalender kopiert, z. B. den Chronographen von 354.
tion. Mitt. d. Inst. f. österr. Geschichtsforschung, Band X. 4S) Poetae latini" aevi Carolini (Ausgabe Dümmler)

*') In karolingischer Zeit hat man vielfach antike Monumenta Germaniae.

Kunstgeschichtliches Jahrbuch der k. k. Zentral-Kommission 1911 .
 
Annotationen