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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 5.1911

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Kurth, Betty: Ein Freskenzyklus im Adlerturm zu Trient
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https://doi.org/10.11588/diglit.18127#0073
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I

52 Betty Kurth Ein Freskenzyklus im Adlerturm zu Trient

Die Proportionen der einzelnen Gestalten sind dagegen wieder schlanker und zierlicher
geworden. Die Gesichter sind von weicher Ovalform und zeigen einen milden lieblichen
Ausdruck. Auch hier finden sich die schmalen abfallenden Schultern, die überschlanken,
langen, gespitzten Finger in ostentativ gezierter Haltung, wie z. B. bei der Madonna der
Galleria Colonna (Fig. 31). Die parallelen, röhrenartigen Falten sind verschwunden, die
Gewänder sind in zahllose fließende, nach allen Richtungen laufende Faltenzüge aufgelöst,
die am Boden nachschleifend in verwirrendem Reichtum sich schlängeln und schwingen.

Fig. 30 Verona, Museo Civico. Madonna im Rosengarten

Die Bewegungen der Engel finden in den weit über die Körperkontur nachflutenden Ge-
wändern eine graziöse Fortsetzung. Besonders deutlich erscheint der gotische Faltenstil bei
einer Zeichnung veronesischen Ursprungs, die sich im Kupferstichkabinett zu Dresden be-
findet und von Frizzoni ohne Grund dem Stefano da Zevio zugeschrieben wird105). Ähnliches
können wir auch bei einer etwas späteren, sicherlich auch veronesischen Miniatur beobachten,
einer Madonna mit dem Kinde, die auf dem ersten Blatte einer Handschrift des Titus Livius
„De bello Macedonico;' in der Vaticana (Kod. 1854) gemalt ist. Bei all diesen Werken ist
die Modellierung noch weicher geworden. Leise und allmählich sind die Übergänge von

m) Gustayo Frizzoni: Riccordi di un viaggio artistico oltralpe. L'Arle 1901 mit Abb. pag. 238.
 
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