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Hans Tietze Zwei Zeichnungen Fischer von Erlachs für die Salzburger Kollegienkirche
Zusammenhang- bei einer Zeichnung, die dem Salzburger Museum gehört3) und deren Be-
ziehung auf die Kollegienkirche mir unzweifelhaft zu sein scheint (Fig. 60). Die Ausbauchung
der Fassade ist noch nicht projektiert oder in dieser reinen Frontalansicht nicht berücksich-
tigt; das Giebelmotiv ist noch sehr bescheiden, eine einzige kartuscheförmige Öffnung
durchbricht die Attika, die den Flachgiebel trägt. Sonst geht die Übereinstimmung bis ins
einzelne: eine Riesenordnung ionischer Pflaster gliedert die siebenachsige Fassade, deren
Untergeschoß sich in den drei Mittelachsen in rundbogigen Durchbrechungen, in den an-
Fig. 60 Entwurf zur Fassade der Kollegienkirche. Salzburg, Museum
schließenden, schmäleren Zwischenflügeln in rechteckigen Türen mit runden Oberlichten
und zuäußerst mit eckigen Fenstern öffnet, während im Obergeschoß die mittlere der sieben
Rundbogenöffnungen, die anderen überragend, in das Abschlußg'ebälk einschneidet; Gebälk
und Türme stimmen mit dem ausgeführten Bau aufs genaueste überein. Dieses Gemisch
von Ubereinstimmung und Verschiedenheit macht es sicher, daß wir es mit einer Vorberei-
tung für die Ausführung, also mit einer Vorstudie des Architekten, zu tun haben.
Für die Domfassade ist die Verwendung von zwei nahezu gleichwertigen Geschossen
charakteristisch; die Monumentalität wird — ein Erbe nordischen oder norditalienischen
Renaissanceempfmdens — durch Übereinandertürmen von wohlrelationierten Stockwerken
angestrebt. Der „Klassizist" Fischer faßt seine Kirchenfront durch eine einzige Ordnung
zusammen, Giebel und Türme wirken in der Zeichnung- als bloße Aufsätze. In der Aus-
3) Sie gehört zu der großen Menge von Architektur- burger Baumeisterdynastie der Laschenzky ins dortige Mu-
zeichnungen, die aus dem Besitze des letzten der Salz- seum gekommen sind.
Hans Tietze Zwei Zeichnungen Fischer von Erlachs für die Salzburger Kollegienkirche
Zusammenhang- bei einer Zeichnung, die dem Salzburger Museum gehört3) und deren Be-
ziehung auf die Kollegienkirche mir unzweifelhaft zu sein scheint (Fig. 60). Die Ausbauchung
der Fassade ist noch nicht projektiert oder in dieser reinen Frontalansicht nicht berücksich-
tigt; das Giebelmotiv ist noch sehr bescheiden, eine einzige kartuscheförmige Öffnung
durchbricht die Attika, die den Flachgiebel trägt. Sonst geht die Übereinstimmung bis ins
einzelne: eine Riesenordnung ionischer Pflaster gliedert die siebenachsige Fassade, deren
Untergeschoß sich in den drei Mittelachsen in rundbogigen Durchbrechungen, in den an-
Fig. 60 Entwurf zur Fassade der Kollegienkirche. Salzburg, Museum
schließenden, schmäleren Zwischenflügeln in rechteckigen Türen mit runden Oberlichten
und zuäußerst mit eckigen Fenstern öffnet, während im Obergeschoß die mittlere der sieben
Rundbogenöffnungen, die anderen überragend, in das Abschlußg'ebälk einschneidet; Gebälk
und Türme stimmen mit dem ausgeführten Bau aufs genaueste überein. Dieses Gemisch
von Ubereinstimmung und Verschiedenheit macht es sicher, daß wir es mit einer Vorberei-
tung für die Ausführung, also mit einer Vorstudie des Architekten, zu tun haben.
Für die Domfassade ist die Verwendung von zwei nahezu gleichwertigen Geschossen
charakteristisch; die Monumentalität wird — ein Erbe nordischen oder norditalienischen
Renaissanceempfmdens — durch Übereinandertürmen von wohlrelationierten Stockwerken
angestrebt. Der „Klassizist" Fischer faßt seine Kirchenfront durch eine einzige Ordnung
zusammen, Giebel und Türme wirken in der Zeichnung- als bloße Aufsätze. In der Aus-
3) Sie gehört zu der großen Menge von Architektur- burger Baumeisterdynastie der Laschenzky ins dortige Mu-
zeichnungen, die aus dem Besitze des letzten der Salz- seum gekommen sind.