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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Editor]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 5.1911

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Tietze, Hans: Zwei Zeichnungen Fischer von Erlachs für die Salzburger Kollegienkirche
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https://doi.org/10.11588/diglit.18127#0137
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Hans Tietze Zwei Zeichnungen Fischer von Erlachs für die Salzburger Kollegienkirche

Fig. 62 Salzburg, Johannesspitalskirche

21. Februar 1707 „nach des Herrn Johann Bernhard Fischer khais. Ingenieur und Oberdirectorn
aller khais. Gebeyen Sagma oder Riss"; was sie zu arbeiten hatten, war folg-endes: „Das groß
Stück, so anstatt des Antependii zu stehen kommt — 12' lang, 31/,' hoch, 4' breit — den
runden Stock, darauf der Tabernakl zu stehen kommt, Zockel, Postamentfüllungen und
Obergesims, die Ballostrad mit Postamenten, Balustern und Gesimsen." Der reiche Säulen-
aufbau (Taf. XVII) mit dem wohldurchdachten und wohlgegliederten Skulpturenschmuck
des Engelreigens, der den Tabernakel in sanftem Bogen umfängt, dürfte damals noch nicht
geplant gewesen sein und tatsächlich fehlt er auch auf dem Schnitt, den Fischer in den „Ent-
wurff einer historischen Architektur" (IV, T. X) aufgenommen hat; dagegen finden wir ihn
auf dem großen Stiche von 1723, den Kraus nach der Zeichnung des Mondseer Laienbruders
Aemilian Rösch angefertigt hat. Trotzdem dürfen wir diesen höchst eigenartigen Aufbau,
über den das ziemlich reichlich vorhandene Material nicht die leiseste Andeutung enthält,
sicher als eine Arbeit Fischers ansehen, da sie inhaltlich dem Gedankenkreise der Chor-
ausschmückung den eigentlichen Abschluß gibt und formal die Eigenschaften Fischerscher
Kunst deutlich erkennen läßt; eine weitere Bekräftigung bietet der Entwurf, den Fig. 63
wiedergibt4).

Die auf dickem Papier ausgeführte Zeichnung (54 X 36 cm) ist leicht laviert und beson-
ders dadurch merkwürdig, daß die vorderen Partien, also der Tabernakel mit dem doppelten
Engelreigen und der Gestalt der Fides in der Glorie, ausgeschnitten und aufgeklebt sind.
Die Gesamtanordnung stimmt mit der Ausführung völlig überein; dagegen erscheinen alle
architektonischen Verhältnisse und das skulpturale Detail durchwegs verschieden. Für die
architektonischen Verschiedenheiten sind namentlich das Profil des Hauptgesimses und die
geschwungene und gewundene Abschlußbalustrade charakteristisch, die in der Zeichnung
noch tastend und unsicher ist und erst in der Ausführung reiche Fülle und elegante Kraft
gefunden hat. Die schwebenden Engel, deren übergroße Gestalten in der Zeichnung den
Aufbau fast ganz verdecken, haben dann bescheidene Proportionen erhalten, in Haltung,

4) Ich habe die Zeichnung, die jetzt dem Salzburger der sie nach seiner Angabe im Salzburgischen erworben
Museum gehört, bei einem Händler in Amstetten gekauft, hatte.
 
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