Oskar Poixak Die Decken des Palazzo Falconieri in Rom usw. 129
Fig. 86 Palazzo Falconieri. Fassade nach Ferrerio-Falda
hatten, nahm ihnen das Jahrhundertende und das anhebende XVII. Jh. Man kann sich kaum
etwas Kälteres, Nüchterneres, absichtlich Steiferes denken als die gewaltigen Fassaden eines
Palazzo Borghese, eines Palazzo Altemps, eines Palazzo Rospigliosi, eines Palazzo Sciarra-
Colonna am Corso Umberto, ja, noch eines Palazzo Mattei di Giove und der Seitenfassaden
des Palazzo Barberini (beide von Maderna). Der Schmuck von Fenster, Portal und Kranz-
gesims ist auf das Mindestmaß reduziert, die Fenster scheinen wie absichtlich unharmonisch
eingesetzt, breite glatte Lisenen verstärken den Eindruck der Schwere, der Massenhaftigkeit,
des Festungsartigen. Doch wie überrascht ist man, betritt man den Hof eines dieser Paläste,
z. B. des Palazzo Borghese, Altemps oder Mattei. Ein reiches Spiel von Licht und Schatten,
malerische Durchblicke aus einem großen in einen kleineren Hof entzücken den Blick, die
Wände sind wie in den Villen durch eingelassene Reliefs, durch aufgestellte Statuen und
Büsten auf das reizvollste dekoriert. Man meint fast, es sei noch beabsichtigt gewesen,
allenthalben wilden Wein oder Efeu hinaufranken zu lassen. Ahnlich ist es mit den Stiegen-
häusern, welche mit zierlichen Stuckdecken geschmückt wurden (Pal. Mattei).
Diese Art des Wohnbaues mit seiner kategorischen Bevorzugung des Palastinnern
dauerte etwa bis zum Jahre 1630. Da wurde es langsam anders. Die Welt hatte sich wiederum
geändert. Das Tridentinum hatte seine Schuldigkeit getan, der Katholizismus, das Papsttum
hatte, wenigstens in Italien, eine größere Macht und innere Kraft als je bekommen, die
Zeit des Kampfes war vorüber; man hatte gesiegt und wollte nun den Sieg genießen.
Der schwermütig-ernste und religiöse Torquato Tasso ist der Dichter des ausgehenden
XVI. Jhs., der lebenslustige, Wein und Frauen liebende Cavaliere Marino der des anfan-
genden XVII. Kann man sich zwei disparatere Individualitäten denken? Auf die Zeit der
Kunstgeschichtliches Jahrbuch der k. k. Zentral-Komroission 1911
Fig. 86 Palazzo Falconieri. Fassade nach Ferrerio-Falda
hatten, nahm ihnen das Jahrhundertende und das anhebende XVII. Jh. Man kann sich kaum
etwas Kälteres, Nüchterneres, absichtlich Steiferes denken als die gewaltigen Fassaden eines
Palazzo Borghese, eines Palazzo Altemps, eines Palazzo Rospigliosi, eines Palazzo Sciarra-
Colonna am Corso Umberto, ja, noch eines Palazzo Mattei di Giove und der Seitenfassaden
des Palazzo Barberini (beide von Maderna). Der Schmuck von Fenster, Portal und Kranz-
gesims ist auf das Mindestmaß reduziert, die Fenster scheinen wie absichtlich unharmonisch
eingesetzt, breite glatte Lisenen verstärken den Eindruck der Schwere, der Massenhaftigkeit,
des Festungsartigen. Doch wie überrascht ist man, betritt man den Hof eines dieser Paläste,
z. B. des Palazzo Borghese, Altemps oder Mattei. Ein reiches Spiel von Licht und Schatten,
malerische Durchblicke aus einem großen in einen kleineren Hof entzücken den Blick, die
Wände sind wie in den Villen durch eingelassene Reliefs, durch aufgestellte Statuen und
Büsten auf das reizvollste dekoriert. Man meint fast, es sei noch beabsichtigt gewesen,
allenthalben wilden Wein oder Efeu hinaufranken zu lassen. Ahnlich ist es mit den Stiegen-
häusern, welche mit zierlichen Stuckdecken geschmückt wurden (Pal. Mattei).
Diese Art des Wohnbaues mit seiner kategorischen Bevorzugung des Palastinnern
dauerte etwa bis zum Jahre 1630. Da wurde es langsam anders. Die Welt hatte sich wiederum
geändert. Das Tridentinum hatte seine Schuldigkeit getan, der Katholizismus, das Papsttum
hatte, wenigstens in Italien, eine größere Macht und innere Kraft als je bekommen, die
Zeit des Kampfes war vorüber; man hatte gesiegt und wollte nun den Sieg genießen.
Der schwermütig-ernste und religiöse Torquato Tasso ist der Dichter des ausgehenden
XVI. Jhs., der lebenslustige, Wein und Frauen liebende Cavaliere Marino der des anfan-
genden XVII. Kann man sich zwei disparatere Individualitäten denken? Auf die Zeit der
Kunstgeschichtliches Jahrbuch der k. k. Zentral-Komroission 1911