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H. For.NKSics Studien rur EntwicldungsgescMchte der Architektur und Plastik des XV. Jhs. in Dalmatien

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I.

Der romanisch-gotische Übergangsstil

l)er Domkampanile zu Traü

Daten für den Turmbau:

1358—1420 ist Traü unter ungarischer Herrchaft (vgl. Eitelberger, Die Kunstdenkmale
Dalmatiens S. 183).

1420 wird die Stadt von den Venezianern bombardiert (vgl. Eitelberger S. 234).

1421 wird die Wiederherstellung des Turmes begonnen (vgl. Anli. II, Nr. 1).

1422 ist mindestens das erste Turmgeschoß vollendet (vgl. Eitelberger S. 235).

1598 endgültige Fertigstellung durch Trifon Boccannich (vgl. Eitelberger S. 23,5).

Schon vorhin hatten wir Gelegenheit, die Kathedrale von Traü unter den bedeutendsten
romanischen Bauten des Landes zu nentien. Ihr jüngster Bauteil ist die der Westfassade
vorgelegte Eingangshalle. Diese läßt mit ihren aufstrebenden Diensten und ihren Kreuz-
rippengewölben schon einen starken gotischen Einschlag erkennen und die Formen der
Kapitelle über den Diensten, die tiefe, mit dem Bohrer gearbeitete Einkerbungen in den
stilisierten Blattformen aufweisen, lassen uns deutlich erkennen, daß es wieder die Gotik
Süditaliens ist, die hier vorbildlich geworden ist5).

An den beiden Ecken der Vorhalle sollten sich wohl ursprünglich zwei Türme erheben,
die die zurückspringende Mittelfassade flankieren sollten, ähnlich wie etwa bei S. Trifonio
in Cattaro. Von diesen beiden Türmen ist nur der eine, nämlich der an der Südwestecke
zur Ausführung gelangt und auch der wahrscheinlich zunächst nur bis zur Höhe des ersten
Stockwerkes über der Vorhalle. Gerade über die letzten Jahre des XIV. Jhs., in denen
dieses erste Turmgeschoß entstanden sein muß, fehlen uns alle historischen Nachrichten und
die Baubetrachtung allein gibt uns auch kein völlig klares Bild. Wir erkennen bloß, daß
sich an dem Baue verschiedene Details finden, die einander hinsichtlich ihrer stilistischen
Provenienz auf das entschiedenste zu widersprechen scheinen Das Maßwerk, der Spitz-
bogenfries als oberer Abschluß, der gegenständige Zahnschnitt als Fensterumrahmung und
die Fensterkapitelle der Südseite weisen deutlich nach Venedig (Fig. 24 und Ivekovic T. 46).
Diesen Details steht aber der ganz unvenezianisch massige Aufbau mit der Betonung der
großen, ruhigen Wandflächen entgegen und die Dienste, die die Eck- und Mittellisene
flankieren. Weiter erinnern die Köpfe, die die Konsolen für den eben besprochenen Spitz-
bogenfries bilden — mit Ausnahme des entschieden venezianischen Löwenkopfes an der
Ostseite links — deutlich an unteritalienische Vorbilder. Weit wichtiger aber erscheinen uns
die Fensterkapitelle der Südseite. An ihnen finden wir die Absicht vorherrschend, durch
scharfkantige, tief unterschnittene Konturen und durch tiefe, mit dem Bohrer gearbeitete
Aushöhlungen einen Wechsel von Raum und Form im Sinne Riegls, d. h. eine malerische
Wirkung hervorzubringen (Fig. 25). Im Detail finden sich zahlreiche antike Reminiszenzen,
Zahnschnitt, Eierstab u. dgl. Gerade diese Dekorationsart ist aber für die unteritalienischen

■’) Abgebildet ist die Vorhalle mit einigen Details in
der Publikation: Ivekovic, Dalmatiens Architektur und
Plastik, bei A. Schroll, Wien. Bd. I, T. 8 und II. Diese
Publikation, die wir des wertvollen Abbildungsmaterials auf
Lichtdrucktafeln wegen immer wieder heranziehen miissen, ist

leider mit einem ganz unzulänglichen Texte verbunden.
Eine eingehende Berichtigung der zahlreichen Irrtümer
bringt Jelic im Bulletino d’archaeologia e storia dalm. a.
XXXV 1912.
 
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