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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 1.1883

DOI Artikel:
Bergmann, Ernst: Der Sarkophag des Panehemisis, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5609#0009

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DER SARKOPHAG DES PANEHEM1SIS.

Von

Dr. Ernst Ritter von Bergmann.

ohl keine der so verschiedenartigen und mannigfaltigen Denkmälergruppen der
ägyptischen Museen fesselt in höherem Grade die Aufmerksamkeit des Beschauers
als jene der Sarkophage. Der meist colossale Umfang dieser Monumente, die
Fülle und Seltsamkeit der sie bedeckenden Bilder und Texte von geheimnissvoller
und vermuthlich tiefsinniger Bedeutung vereinigen sich, auch des Laien Interesse
zu erregen und in ihm den Wunsch nach Deutung der absonderlichen Darstellungen
und Erklärung der räthselhaften Legenden wachzurufen. Durch geraume Zeit konnte
die Aegyptologie solch' wissbegieriges Verlangen nur in bescheidenem Maasse befriedigen, wenn sie auf dem
festen Boden solider Forschung bleiben und sich nicht in unsichere Entzifferungsversuche und vage Ver-
muthungen verlieren wollte. Es bedurfte erst langwieriger, mühevoller Vorarbeiten zur Anbahnung des
genaueren Verständnisses dieser Texte wie der religiösen Inschriften überhaupt, bei denen die Fremdartig-
keit des Inhaltes, die eigenthümliche theologische Terminologie, der oft knappe und gedrängte, an Dunkel-
heiten reiche Styl ebenso viele Hindernisse für ihre wissenschaftliche Behandlung bilden. In richtiger
Erkenntniss dieser Schwierigkeiten wandte sich die einsichtsvolle Thätigkeit von Champollion's Nach-
folgern zunächst dem Studium der historischen Denkmäler zu. Es galt vorerst, den geschichtlichen und
chronologischen Rahmen für die Einordnung der Monumente nach ihrem Alter und ihrer Herkunft mit
Hilfe der Inschriften historischen Inhaltes zusammenzufügen, deren relativ klare und einfache Diction sie
zudem vorzugsweise geeignet machte, die Kenntniss der altägyptischen Sprache, ihres Baues und Wort-
schatzes zu vermitteln. Indem sich die wissenschaftlichen Bestrebungen der Aegyptologen auf dieses
Gebiet concentrirten, ernteten sie reichen Erfolg. Das Dunkel, das durch Jahrhunderte über die älteste
historische Epoche des Nillandes gebreitet war, erhellte sich allmälig, die Reihenfolge der Dynastien ward
bestimmt, die zahlreichen Königsnamen der Denkmäler erhielten den ihnen zukommenden Platz ange-
wiesen und die bisher leeren Blätter der altägyptischen Geschichte füllten sich nach und nach mit den
gewonnenen Daten. Wohl machte die vollständige Durchdringung wie der altägyptischen Cultur über-
haupt, so auch aller ihrer literarischen Schöpfungen seitens der Religion die stetige Berücksichtigung
eines so wichtigen Factors auch in der Entwicklungsperiode der ägyptischen Studien unerlässlich, aber
nur allmälig und schrittweise konnte die erstarkende Disciplin, indem sie sich auf die Fortschritte der
historischen Denkmälerforschung stützte, der Bearbeitung von Schriftstücken rein religiösen Inhaltes sich
zuwenden. Die sichere philologische und lexikalische Grundlage für die erfolgreiche Behandlung dieser
Texte zu schaffen, blieb den Arbeiten ausgezeichneter Gelehrter wie Brugsch, Rouge, Chabas etc. im
Verlaufe der beiden letzten Decennien vorbehalten. Die Resultate derselben: die Durchforschung des
grammatischen Baues der Sprache, die Bereicherung des Wörterbuches und die Schöpfung einer strenoen
Methode kritischer Textanalyse haben erst die Aegyptologie in den Stand gesetzt, die reichen überkommenen
Schätze der religiösen Literatur immer mehr und mehr in den Kreis der Forschung einzubeziehen.
 
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