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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 1.1883

DOI Artikel:
Berger, Adolf: Inventar und Kunstsammlung des Erzherzogs Leopold Wilhelm von Österreich: nach der Originalhandschrift im fürstlich schwarzenberg'schen Centralarchive
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5609#0390

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INVENTAR

DER

KUNSTSAMMLUNG DES ERZHERZOGS LEOPOLD WILHELM

VON ÖSTERREICH.

NACH DER ORIGINALHANDSCHRIFT IM FORSTLICH SCHWARZENBERG'SCHEN CENTRALARCHIVE

HERAUSGEGEBEN

VON

ADOLF BERGER,

FÜKSTLICH SCHWARZENBERG'SCHEM CENTRALARCHIVSDIRECTOR.

Vorbericht.

An dem allbekannten Weltbrauche, den Werth der
Thaten und Ereignisse, ^urnal in der Politik und auf
den Schlachtfeldern, nach dem Erfolge ^u beurtheilen,
wird leider auch der entschiedenste Protest nichts zu
ändern vermögen. Diese Wahrheit in ihrer Anwendung
auf den Erzherzog Leopold Wilhelm wird daher die
hergebrachte Meinung nicht corrigiren und einer Aus-
nahme von der Regel keinen Raum gewähren. Obgleich
der Erzherzog als Feldherr und auch als Staatsmann
seine volle Thatkraft eingesetzt und Bedeutendes ge-
leistet, so ist eine nicht genug unterrichtete oder aber
unparteiische Geschichtsschreibung nach dieser Seite hin
seinem Andenken bisher nicht gerecht geworden.

Hingegen hat der Erzherzog auf einem anderen
Felde so entschiedene Erfolge errungen, dass ihm die
wohlverdienten Lorbeeren nicht bestritten werden konnten.
Es ist dies das Gebiet der Kunst. Was er in der besten
und schönsten Bedeutung des Wortes als Mäcen, Kunst-
freund, Sammler und Schöpfer einer grossartigen Ga-
lerie und Kunstkammer gewirkt und ins Leben gerufen,
konnte keinen Widerspruch erfahren und leuchtet in
unvergänglichem Glänze in den Annalen der Kunst-
geschichte.

Wenn seiner in Brüssel entstandenen Kunstsamm-
lung das Epitheton «.weltberühmt-» beigelegt wird, so
kennzeichnet dieses eine Wort ebenso ausdrucksvoll die
Sache als denjenigen, dem sie ihr Dasein zu verdanken
hatte.

Nach wiederholter Niederlegung des Feldherrn-
stabes 1646 als Generalgouverneur der spanischen Nieder-
lande zu einer Friedensmission berufen, war Erzherzog
Leopold Wilhelm bemüht, allen Schwierigkeiten zum
Trotze dieser Sendung mit klarer Einsicht und mit voller
Selbstaufopferung gerecht zu werden.

Im Jahre i6q^ war die Infantin Clara Eugenia
Isabella, Regentin der spanischen Niederlande, gestorben
und die letzteren fielen vertragsmässig an Spanien. Im
folgenden Jahre wurde der Cardinal-Infant Ferdinand,
Bruder PhilippsIV. von Spanien, Oberststatthalter in den
Niederlanden. Nach dessen Tode im Jahre 1641 folgte
im Generalgouvernement Francisco de Melo, um schon
1644 wieder von Castel Rodrigo abgelöst zu werden.
Schon nach zwei Jahren wurde der Letztgenannte von
dem Erzherzoge Leopold Wilhelm ersetzt; denn König
Philipp IV. von Spanien, eben auch 1644 nach Isabellens
von Frankreich Tode Witwer geworden, hatte Maria
Anna von Oesterreich, Tochter Kaiser Ferdinands III.
und Nichte des Erzherzogs Leopold Wilhelm, heimge-
führt, und das Verhältniss der beiden habsburgischen
Linien war dadurch nun auch ein innigeres geworden.
Der westphälische Friede von 1648 hatte zwar ein leid-
liches Verhältniss zwischen Spanien und den seit achtzig
Jahren um ihre Unabhängigkeit ringenden vereinigten
Niederlanden geschaffen, nicht ohne grosse Opfer von
Spanien zu heischen; aber die Zwietracht mit Frankreich
dauerte fort, und in England hatte sich 164g eine Um-
wälzung vollzogen, die auf die übrige katholische Welt
nicht ohne tiefen Eindruck bleiben konnte.

Wenn gleichwohl der Erzherzog Leopold Wilhelm
inmitten dieser die Geister und Gemüther beschäftigen-
den Ereignisse und seiner ihn vollauf in Anspruch neh-
menden Regierungssorgen Müsse und Stimmung fand,
seine rege Aufmerksamkeit der Kunst und ihren Inter-
essen, den Künstlern und deren Bestrebungen zuzuwen-
den, so 5[eigt dies eben von der Intensität seiner Kunst-
liebe. In der That scheint ein guter Theil von dem Geiste
des Erzherzogs Ferdinand von Tirol und des Kaisers
Rudolf IL auf ihn übergegangen zu sein. Unbeirrt von

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