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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 1.1883

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Schoenherr, David: Die Kunstbestrebungen Erzherzogs Sigmund von Tyrol: nach Urkunden und Acten des k. k. Statthalterei-Archivs in Innsbruck
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https://doi.org/10.11588/diglit.5609#0220

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ig4

Dr. David Schönherr.

erhalten hatte, für ihn und seinen Vater Herzog Friedrich, sowie für die Frauen und Kinder beider «ein
gräbniss von Yps (Gips) zu giessen mit tabernakeln, winbergen, bilden vnd den i3 landen» (d. h. mit
den Schilden der 13 Länder). Zwischen je zwei Schilden, von denen sechs an jeder der beiden Seiten der
sieben Fuss hohen Tomba und das dreizehnte «zu füssen» zu stehen kam, sollte der Künstler ein «unge-
färlich mannshohes bild» anbringen.1 Ratold war mit der Ausführung dieses Grabmales bis 1482 beschäf-
tigt, in welchem Jahre er die letzte Bezahlung mit 118 fl. rh. dafür erhielt.

Schliesslich sei noch erwähnt, dass ein, leider ungenannter Bildhauer vorzugsweise in Elfenbein
arbeitete und namentlich in den Jahren 1466 und 1467 für seine «Helfenbeinen pilder» an Herzog
Sigmund einen geneigten Abnehmer fand.

Die Erzgiesserei, welche unter K. Max einen so grossen Aufschwung genommen, wurde schon von
Erzherzog Sigmund ins Auge gefasst. Bereits im Jahre 1460 berief er einen Giesser aus Lindau, Hans
Prein, welcher auf Kosten Sigmunds in Bregenz sich etablirte, um «für se. gnaden allerlei zu giessen».

In Innsbruck selbst finden wir 1480—1494 den Giesser Jörg
Endorferund 1484—1498 den aus München berufenen Roth-
schmid Jörg Schlesinger und 1491 den Rothschmied Meister
Gilg. Schlesinger hatte seine Werkstätte in Hötting. Er lie-
ferte für den Hof unter Anderem auch die «messinen becken»,
ein Hausgeräth, welches aus dieser Zeit noch gegenwärtig

Endorfer Jörg
148g.

Endorfer Jörg
1494.

Peter Löffler
1490.

ziemlich häufig zu finden ist und irrthümlich mit Taufschüssel
bezeichnet wird. Der berühmteste unter den Erzgiessern Erzherzogs Sigmund ist Peter Löffler, der
Stammvater der zahlreichen Erzgiesser dieses Namens. Die durch ihre schöne Arbeit, wie durch ihren Klang
berühmte grosse Glocke von Schwaz ist ein'Werk des Meisters Peter. Ob der bereits 1476 urkundlich
erwähnte Büchsenmeister Godel auch Giesser war, ist mit Bestimmtheit nicht zu sagen.

Von dem früher genannten Erzgiesser Jörg Endorfer hat sich ein in jeder Beziehung höchst merk-
würdiges Werk erhalten, eine für Erzherzog Sigmund gegossene Kanone. Das Geschütz ist in unbekannter
Zeit in türkischen Besitz gekommen und stand bis zum Jahre 1862 auf den Wällen von Rhodus. Im ge-
nannten Jahre machte Sultan Abdul-Aziz dasselbe dem Kaiser Napoleon zum Geschenke, welcher das
werthvolle Stück nach Paris bringen und im Artilleriemuseum daselbst deponiren Hess. Das Geschütz ist
ein sogenanntes «Hauptstuck», hat eine Länge von 3-Ö2 M., ein Kaliber von 0^9 M. und besitzt eine
Kammer von o-66 M. Länge und 0*19 M. Durchmesser. Zunächst der Mündung ist das Geschütz mit dem
Tyroler Adler und dem österreichischen Bindenschild mit Bügelkronen geziert und mit folgender Inschrift
in gothischen Buchstaben versehen:

bic Uittcri (Katharina) ljuiö idj bor meinem tjcüalt Ijüct birij

bn§ bnrctfjt ftraf idj jotfr ebbarfer gng miefj,

auf der Mitte des Geschützes oben:

figmünb crtä/ötröorj 5c öftcr/rcirli ff. mcccc/bnb im Ipctftfl

am oberen Ende vor dem Zündloche:

Jörg.....jap miefj.

Reiche Beschäftigung und Unterstützung fand bei Erzherzog Sigmund das Handwerk der Gold-
schmiede. Als Gatte zweier Frauen und ausserdem vielleicht der galanteste Mann seiner Zeit, endlich in seinen
alten Tagen ein sehr frommer Herr, der seine Goldschmiede auch reichlich für die Kirchen arbeiten liess,
war Erzherzog Sigmund ein stets geneigter Käufer des kunstreich verarbeiteten edlen Metalles. Zahlreiche
einheimische und auswärtige Goldschmiede arbeiteten für den Hof zu Innsbruck und kein Abenteurer3 schied

1 Der zwischen Erzherzog Sigmund und Hans Ratold in Betreff der Anfertigung des Grabmals abgeschlossene Ver-
trag findet sich abgedruckt im «Archiv für Geschichte und Alterthumskunde Tyrols, I., 80—83». Das Grabmal selbst befand sich
in der Klosterkirche zu Stams, wurde i55a von den Horden des Moriz von Sachsen arg beschädigt, 1609 über Auftrag Erz-
herzogs Maximilian des Deutschmeisters von Alexander Colin restaurirt und endlich durch die Barbarei des 18. Jahrhunderts
vollends zu Grunde gerichtet und vernichtet.

2 Quellen zur Geschichte der Feuerwaffen, herausgegeben vom germanischen Museum. Leipzig 1877. Seite 48,
Tafel LI—LH.

3 Unter dieser Bezeichnung erscheinen in den 1. f. Rechnungsbüchern die mit Galanteriewaaren hausirenden Fremden.
 
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