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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0175
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Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.

zu wechseln, als Ibrahim von Tunis und die Könige des britischen Inselreiches, seine Freundschaft suchten. Er
starb am 28. Jänner 814 in der Pfalz zu Aachen und wurde an demselben Tage in der von ihm erbauten Marien-
kirche daselbst in einem antiken, noch vorhandenen Marmorsarkophage (mit der Reliefdarstellung des Raubes
der Proserpina) beigesetzt.1 So fand ihn Kaiser Otto III. bei einer Nachforschung nach seinem Grabe im Jahre 1000;
er nahm nur das goldene Kreuz, das um den Hals der Leiche hing, und ein Stück des Gewandes an sich. Kaiser
Friedrich Barbarossa, ein Nacheiferer seiner Thaten, Hess die Leiche abermals feierlich beisetzen und erwirkte
1165 durch den Gegenpapst Paschalis III. die Heiligsprechung des grossen Frankenkönigs, die nachmals bestätigt
wurde. Der kostbare Reliquienschrein, in dem sich die
Leiche seit der Zeit des Kaisers Friedrich II. befindet,
wurde dreimal eröffnet (1481, 1483 und 1861) und ergab
ein grosses Skelet (imgz M.) in zwei seidenen Umhüllungen;
der Kopf, der seit Langem getrennt in einer goldenen Reli-
quienbüste in der Schatzkammer von Aachen aufbewahrt
wird, der rechte Oberarm und ein Theil vom Schienbein
fehlten.2

Karl war viermal vermählt; die erste Gemahlin ßer-
terad, Tochter des Königs Desiderius, verstiess er in
ungesetzlicher Weise, sandte sie ihrem Vater zurück und
vermählte sich mit Hildegard von Schwaben, welche
ihm vier Söhne und sechs Töchter schenkte und 783 im
Alter von 26 Jahren starb; sie wurde in der St. Arnulfs-
kirche in Metz beigesetzt. Die dritte Gemahlin, Fastrada,
Tochter des ostfränkischen Grafen Rudolf, starb 794 mit
Hinterlassung von zwei Töchtern und wurde in Mainz be-
graben. Die vierte, die Schwäbin Liudgard, starb kinder-
los nach etwa vierjähriger Ehe im Jahre 800; sie war eine
Gönnerin der am Hofe Karl's weilenden Gelehrten.

CAROLVS • MAG • IMPER • Brustbild links, im
Profil, mit runder Stirne, um welche ein schmales
goldenes Band geknüpft ist, dunklen Augen, vor-
springender Nase, das lockige, nicht zu lange Haupt-
haar und der kurze Vollbart grau, der Schnurrbart
stark betont; in einem faltigen, reichgemusterten Ge-
wände von Goldstoff, dessen Contour den kurzen
starken Nacken und den gewaltigen Bau der Brust
verräth. — Katalog Nr. 201.

Das Bildniss stimmt mit jenem der Sammlung
des Giovio in der Hauptsache überein;3 dieses scheint, wie die Profilansicht und die Behandlung des
Haares schliessen lassen, nach einem Relief gemalt zu sein und zugleich, wie Letzteres selbst, die Be-
schreibung benützt zu haben, welche Einhard von der körperlichen Erscheinung und der Tracht des
Frankenkönigs gibt.* Mit den ältesten Quellen, dem Mosaikbild im Triclinium des Lateran aus den
Jahren 796 — 799, also aus der Zeit des Papstes Leo III., und dem gleichzeitigen in Sta. Susanna in
Rom,5 stimmt unser Bild im Wesentlichen überein; sie zeigen gleichfalls dicken, kurzen Nacken,
runden Kopf, breites Kinn, lange Nase und einen Mantel von gelbbrauner Farbe mit grünem Saume

Nr. 2.

1 Vgl. hierüber Paul Clemen, Die Porträtdarstellungen Karls des Grossen in der Zeitschrift des Achener Geschichts-
vereines, XI (1889), S. 200 f.

2 Die alte Grabschrift auf dem vergoldeten Bogen der Nische, in der der Sarkophag stand, lautete nach Einhard (c. 3i):
"Sub • hoc • conditorio • situm • est • corpus ■ Karoli • Magni • atque • orthodoxi • imperatoris ■ qui • regnum • Francorum • nobi-
llter • ampliavit • et • per • annos • xlvii • felicitcr ■ rexit • [Decessit • septuagenarius • anno ■ Domini ■ dcccxiiii • indictione • vü •
v - kal • febr.]« Die eingeklammerten Schlussworte finden sich in dem Codex Msc. 969, 3 der k. k. Hof bibliothek nicht
sondern werden von P. Clemen nach einer anderen Quelle mitgetheilt.

3 Elogia a. a. O., p. iG. Hier fehlt das Diadem, das Haupthaar ist reicher, der Mantel glatt mit breitem Saume. Das
B'ldniss der herzoglich bayerischen Kunstkammer (v. Reber, B, 42) scheint auf demselben Originale zu beruhen.

4 Vita Karoli Magni, c. 22. Nach derselben hatte der Kaiser einen runden Kopf, grosse, lebhafte Augen, die Nase
etwas über das mittlere Mass hinausgehend, dicken kurzen Nacken. Bei festlichen Gelegenheiten trug er eine Stirnbinde,
mit Edelsteinen geschmückt, und einen golddurchwirkten Mantel.

5 P. Clemen, Porträtdarstcllungen Karls des Grossen, a. a. O., S. 227!'.
 
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