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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0285
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Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.

255

Gegensatze dazu hiess unser Mann der »gross Polac(kh)«. Beide Polen dürften Geschenke der Königin
Katharina, Schwester des Erzherzogs Ferdinand, an diesen und an ihren Schwager, Herzog Albrecht,
gewesen sein. Ist diese Vermuthung richtig, so müssen beide Leute vor 1569 nach Ambras und München
gelangt sein.1

Aufschrift in gelben Buchstaben: DER GROS POLAC. Brustbild links, fast von vorne, unbärtig,
mit kleinen grauen Augen und braunem kurzen Haupthaare, die Nase breit, die Ohren ziemlich gross,
auf dem Kopfe eine schwarze Mütze mit aufgestellter Krempe, in gelbem Rocke, darüber ein schwarzes
Oberkleid, der breite Hemdkragen umgeschlagen. Hintergrund grau. Die Züge derb und gross. —
Katalog Nr. 902. — Wahrscheinlich von Anton Waiss nach einem Originale copirt, dessen das Inventar
von 1621, f. 358 erwähnt: »Aber ain pildnus aines Tartarn oder Polln mit ainem gelben röckhl.«

160. Bauer Gr.....Primisser und v. Sacken lesen »Gre ....«; der Name ist jetzt schon mehr

verwischt, so dass das dritte Zeichen nicht mehr mit Sicherheit zu lesen ist. Ueber den Dargestellten
habe ich nichts aufzufinden vermocht. Er war wohl auch eine Art von Wundermensch vermöge des
ungewöhnlich langen Haarwuchses;2 namentlich das Haupthaar scheint aus diesem Grunde in einen
auf den Rücken hinabfallenden Zopf geflochten worden zu sein. In Ambras befindet sich nur ein
Bildniss eines Bauern, mit Namen Hans Krau(s); es ist von unserem, des Bauern Gr .. . ., ganz und gar
verschieden, zeigt nur einen kurzen Backenbart, kurzes Haupthaar und völlig andere Gesichtszüge.3

Silberaufschrift verwischt: Malier (£>r . . . . Brustbild links, in Dreiviertelprofil, mit braunen Augen,
das rechte kleiner und wie mit einer feinen Haut überdeckt, das linke gross, Haupthaar und Vollbart
braun, ersteres in einen Zopf geflochten, der über den Rücken hinabhängt, der Kinnbart in zwei bis
über die Brust herabreichenden Strähnen endend, auf dem Kopfe ein niederes schwarzes Hütchen mit
weisser Schnur an der schmalen Krempe. Halskrause und gelbbrauner Rock mit eingewebtem Dessin.
Grund graubraun. — Katalog Nr. go3.

161. Der Zwerg Peter. Das Inventar vom Jahre 1621 erwähnt auf f. 365, 366 in der Ambraser
Kunstkammer folgende Bildnisse von Zwergen: drei des öftergenannten Thomerle, darunter eines in
Rüstung,^ ein anderes des Zwerges Matthias, ferner das eines unbekannten Zwerges und zwei Bildnisse
von Zwerginnen. Das Bildniss eines Zwerges Peter erscheint nicht unter ihnen; es ist dies vielleicht
so zu erklären, dass Peter nicht am Hofe des Erzherzogs sondern am bayrischen lebte.5

Silberschrift: Jktttr Jtnwg. Brustbild links, fast von vorne, mit braunen Augen und dichtem
aber kurzem Haupthaare, unbärtig, das Gesicht faltig, in Halskrause und schwarzem Rocke, darüber

1 Erzherzogin Katharina, 1553 vermählt mit Sigmund II. August von Polen, gestorben 1572, dürfte den polnischen
Hof um 156g verlassen haben. Vgl. Jahrbuch, Bd. XIV (1893), S. 162, Nr. 193, 195, und Hirn, Geschichte des Erzherzog
Ferdinand von Tirol, II, S. 240.

2 Um die alte Aufeinanderfolge thunlichst zu schonen, ist es vermieden worden, dieses Bild nach jenem der Haar-
menschen (oben Nr. 154—157) einzureihen.

3 Nach einer gefälligen Mittheilung des k. u. k. Custos Herrn Dr. Karl Domanig, der an Ort und Stelle eine Pause
unseres Bildes mit jenem in Ambras zu vergleichen die Güte hatte. Der Bauer Krau(s), ein Riese von 9'/2 Werkschuhen,
war 1553 im Dorfe Bosenhan, Landvogtei Hagenau, geboren und wurde wegen seiner Grösse vom Kurfürsten Friedrich
von der Pfalz »verschickt«. Das Bildniss in Ambras ist 1601, im 48. Lebensjahre des Riesen von dem kurfürstlichen Hof-
maler gemalt worden. Ilg und Bocheim, Das k. k. Schloss Ambras in Tirol, 1882, S. 77. Vgl. Zeiller, Itiner. Germ., S. 355
nach Hainhofer's Manuscript, und Keyssler, Neueste Reisen in Deutschland, 1781, S. 36.

4 Ueber ihn vergleiche die Schwänke, welche K. Fr. Flögel, Geschichte der Hofnarren, Liegnitz und Leipzig 1789,
S. 524, nach ihm Fr. Nick, Die Hof- und Volksnarren, Stuttgart 1861, I, S. 6o3, und Zeiller, Itiner. Germ., S. 354 nach
Ph. Hainhofer's »Relation seiner Ynnspruggers rais«, Manuscript, S. 114, erzählen. Das von Ersterem erwähnte Abenteuer
fällt in das Jahr 1568. Flögel nennt den Zwerg des Erzherzogs, der bei der Hochzeit des Herzogs Wilhelm in München
1568 in einer Pastete auf die Tafel gesetzt wurde und plötzlich zum Ergötzen der Gäste hervorsprang, allerdings nicht mit
Namen aber seine Grössenangabe (drei Spannen) stimmt mit der Angabe, die Zeiller über Thomerle macht, überein; nicht
minder bezeichnend ist der Umstand, dass der Zwerg, den Flögel nennt, in einer Rüstung auftritt, welche in den Ambraser
Bildnissen nur Thomerle trägt (über die Rüstung selbst Jahrbuch, Bd. VII (1888), Regest 5440, f. 90). Der andere von
Zeiller erzählte Schwank betrifft die Maulschelle, die der Zwerg Thomerle dem Riesen Aymon versetzte.

5 Da sicher auch das Original unseres Bildes, wenn es sich in Ambras befunden hätte, durch eine Aufschrift aus-
gezeichnet gewesen wäre, hätte das Inventar vom Jahre 1621 nicht von einem ungenannten Zwerge sprechen können.
 
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