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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 12.1897

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Foerster, Richard; Müller, Karl Otfried [Gefeierte Pers.]: Antiochia am Orontes: zum Gedächtnis von Otfried Müller
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https://doi.org/10.11588/diglit.39821#0117
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ANTIOCHIA AM ORONTES.

Zum Gedächtnis von Otfried Müller.
(Tafel 6.)
Am 28. August d. J. feiern wir mit dem 148. Geburtstage Goethes zugleich
den Tag, an welchem vor 100 Jahren der Mann das Licht der Welt erblickt hat,
welcher wie kein zweiter in unserm Jahrhundert die klassische Altertumswissenschaft
auf den von Winckelmann, Heyne und Goethe selbst gewiesenen Wegen weiter
geführt hat — Karl Otfried Müller. Immer auf Zusammenfassung des Vereinzelten
gerichtet, wufste er, dafs ein einheitliches Bild des antiken Lebens nur zu gewinnen
sei, wenn die von dem Boden, den Denkmälern, den Inschriften, der Litteratur, der
Sprache, dem Versmafs ausgehenden Einzelstrahlen gesammelt würden. Er wufste
auch, dafs diese Strahlen nach den verschiedenen Zeiten verschieden seien. Aber
mit seinem Böckh Hauptvertreter der Ansicht, dafs die klassische Philologie eine
historische Wissenschaft sei, sah er nirgends jähen Wechsel, vielmehr überall Über-
gang und Entwicklung, und es reizte ihn gerade die Aufgabe, scheinbar verlorene
Mittelglieder nicht blos für die ältesten sagenhaften ‘Zeiten, sondern auch für die
späteren Perioden aufzufinden. So war er der erste, welcher die Bedeutung der
Diadochenzeit erkannte, insofern er in ihr nicht nur das Erbe der klassischen Periode,
sondern auch die Keime der römischen Kultur fand. Dies führte ihn im letzten
Jahrzehnt seines nur zu kurzen Lebens zur Beschäftigung mit der Residenz der
Seleuciden, der Metropole des Orients, der Weltstadt Antiochia, und in seiner
letzten und reifsten Abhandlung, den Antiquitates Antiochenaex, entwarf er die Ge-
schichte der Stadt von den Anfängen bis zum Untergange. Von der Gröfse seiner
Leistung überzeugt man sich am besten, wenn man sie mit der Compilation ver-
gleicht, welche der letzte und zugleich einzige Bearbeiter des Gegenstandes, der
Holländer Olfert Dapper2, geliefert hatte. Müller hat fast alle ihm erreichbaren
antiken Nachrichten über die Stadt sowie die Beschreibungen und Terrainskizzen3
neuerer Reisenden herangezogen und durch besonnene und scharfsinnige Com-
bination dieser Zeugnisse ein Bild der geschichtlichen Entwicklung der Stadt ge-

:) Commentationes duae, Gottingae 1839, Separatab-
druck aus den Commentationes Soc. Reg. Scient.
Gotting, dass. hist, et philol. t. VIII p. 205—340.
Die Commentatio prior war zuerst in der Sitzung
der Gesellschaft der Wissenschaften vom 14. Juni
1834, die commentatio altera in der Sitzung vom
8. Juni 1839 vorgelegt worden. Dazu kam die
Selbstanzeige in den Göttinger Gel. Anz. 1834
Stück 109—in S. 1081 —1101 und 1839 Stück
101 —104 S. 1001 —1032 = Kl. deutsche Schrif-
Jahrbuch des archäologischen Instituts XII.

ten I S. 90—102 und S. 110—129. Vgl. auch
die Briefe an Böckh vom 18. Mai 1832 und
22. Oktober 1835.
2) Nauwkeurige Beschryving van gantsch Syrie en
Palestyn, Amsterdam 1677; ins Deutsche über-
tragen unter dem Titel: Asia oder genaue und
gründliche Beschreibung des gantzen Syrien und
Palestins, Amsterdam 1681 S. 118 f.
3) Pietro della Valle 1625, Richard Pococke 1737,
Karsten Niebuhr 1766.

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