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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 14.1899

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Pernice, Erich: Kothon und Räuchergerät
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https://doi.org/10.11588/diglit.41309#0071
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Pernice, Kotlion und Räuchergerät.

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gut erklären lassen. Schliefslich sei das Gefäfs auch handlich und gut zu verpacken.
Zwei kleine Schwierigkeiten, die Conze zuriickläfst, nämlich die Bedeutung des
Beiworts ραβδωτό;, sowie die Angabe, dafs der Kothon durch seine Farbe das schmutzige
Wasser dem Auge entzogen habe, sucht Pottier bei Daremberg-Saglio S. 15434
zu erklären.
Gegen diese Ausführungen ist, soviel ich sehe, von niemand etwas eingewendet
worden5. Es kann aber kein Zweifel darüber bestehen, dafs die Gefäfse für den von
Conze angenommenen Zweck nicht gedient haben können. Über die Frage nach
der praktischen Verwendbarkeit als Trinkgefäfs läfst sich streiten. Ein Versuch, der
mit einem wohlerhaltenen Kothon im Berliner Antiquarium angestellt wurde, empfahl
ihn nicht als solches. Gegen die Deutung als Trinkgeschirr zum Feldgebrauch
sprechen zunächst die verschiedenen Gröfsenverhältnisse der Gefäfse. Ein Kothon6
fafst bis oben hin gefüllt noch nicht einmal ein Weinglas, er ist also viel zu klein;
ein anderer7 etwa fünf grofse Wassergläser; dieser ist also viel zu grofs für
den verlangten Zweck und von ihm kann man nicht gerade sagen »ευφορώτατον
έν γυλιω«. Die meisten anderen sind nicht viel kleiner als dieser. Ein praktisches
Gepäckstück ist aber dieses Gefäfs auch deswegen nicht, weil es sehr schwierig ist,
nachdem man es benutzt hat, das Wasser wieder aus ihm heraus zu giefsen. Das
Wasser fängt sich hinter dem eingebogenen Rand, und man mag schütteln so viel
man will, ein Rest bleibt drin, der für das übrige Gepäck gefährlich werden kann.
Ein weiterer Grund gegen die Gleichsetzung dieser Gefäfse mit dem Kothon
der litterarischen Nachrichte nist aus dem Alter der erhaltenen Gefäfse zu entnehmen.
Es giebt keines, das seinem Stile nach in die Zeit gehört, aus welcher die schrift-
liche Überlieferung erhalten ist. Soviel ich gesucht habe, keines ist jünger als das
Ende des sechsten Jahrhunderts, die meisten dagegen noch älter. Danach scheint
es, dafs das für den Kothon erklärte Gefäfs schon in alter Zeit aufser Gebrauch
gesetzt worden ist.
Sämmtliche Vasen dieser Form haben Fiifse bald höhere, bald niedrigere,
sie sollten also hingestellt werden und waren nicht zum Tragen bestimmt.
Wo wir über ihre Auffindung etwas Sicheres wissen, stellt es sich heraus,
dafs es Frauengräber waren, in welchem diese Gefäfse zum Vorschein kamen. Das
Exemplar von der Samischen Nekropole war ein solches8. Zwei Stück zusammen
fanden sich in einem Grabe, welches Orsi9 in Licodia Eubea (prov. Catania) auf-
deckte und das wahrscheinlich einer Frau angehörte. Das Gerät hat offenbar im
Frauengemach eine bedeutende Rolle gespielt.
Vollends entscheidend aber ist der Umstand, dafs sich diese Gefäfse mit

4) Daselbst ist auch die übrige einschlägige Litte-
ratur angeführt.
5) Nur Boehlau, Aus jonischen und italischen
Nekropolen S. 39, teilt mit, dafs Löschcke diese
Gefäfse für Lampen hält, eine Vermutung, die
Boehlau zwar für überzeugend erklärt, deren

Unwahrscheinlichkeit aber der Verlauf der Unter-
suchung darthun wird.
6) n. 1104 der Vasensammlung des Antiquariums.
7) n. 3x27 des Inventars der Vasen im Antiquarium.
8) Vgl. Boehlau a. a. O. S. 39.
9) Römische Mittheilungen 1898 S. 317.
 
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