Engelmann, Die Katzen im Altertum.
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Man wird dadurch vor die Frage gestellt: Wie steht es mit der Verbreitung der
Katze im Altertum?
Bekanntlich ist es V. Hehn, der in seinem Buch »Kulturpflanzen und Haus-
tiere in ihrem Übergang aus Asien nach Griechenland und Italien sowie in das
übrige Europa, historisch-linguistische Skizzen« (die letzte, sechste, Auflage ist nach
dem Tode des Verfassers von 0. Schräder, mit botanischen Beiträgen von A. Engler,
1894 herausgegeben) das Vorkommen der Hauskatze auf Ägypten beschränkt und
ihre Weiterverbreitung in Europa erst in die Zeit der Völkerwanderung gesetzt hat.
Die Gründe, die ihn zu dieser Annahme geführt haben, sind zahlreich; so ist es
z. B. auffällig, dafs vielfach in der Litteratur an Stellen, wo man die Erwähnung
der Katze erwartet, andere Tiere dafür eintreten, vgl. die bekannte Fabel des Horaz
(Sat. II 6,79) von der Stadtmaus und Feldmaus; wenn die beiden Mäuse sich im
Stadthaus gütlich thun und nun plötzlich gestört werden sollen, was wäre da natür-
licher gewesen, als dafs plötzlich die Katze erscheint? aber nein, die Thüren öffnen
sich mit Geräusch, lautes Flundegebell erschüttert das Haus, beide Mäuse laufen
ängstlich hin und her und fürchten sich fast zu Tode. Hier läfst das Motiv der
Bedienten, die frühmorgens zur Reinigung des Saales eintreten, darauf schliefsen,
dafs die Katze als die ärgste Feindin der Maus dem Dichter nicht bekannt oder
wenigstens nicht handgerecht war. Ein anderer, gleichfalls bedeutsamer Beweis
wird aus den Nachrichten von Pompeji abgeleitet. Dort sind alle möglichen Tier-
gerippe unter den Lapilli hervorgezogen worden; Pferde, Hunde, Ziegen und andere
Haustiere wurden verschüttet und ihre Reste wiederaufgefunden, »merkwürdiger
Weise waren aber alle Katzen schon bei Zeiten verschwunden«; je mehr die Katze
sich an das Plaus hält, nicht an die eine oder andre Person anschliefst, um so
unglaublicher ist es, dafs bei dem Vesuvausbruch alle Katzen ihre gewöhnlichen
Wohnstätten verlassen hätten; dagegen hört jede Merkwürdigkeit auf, wenn es in
der Stadt eben noch keine Katzen gab. Nun werden freilich eine ganze Reihe von
antiken Stellen angeführt, wo von Tieren geredet wird, die als Feinde der Mäuse
gepflegt und als γαλή, αίλουρος, felis, mustela u. a. bezeichnet werden, aber es ist.
keine Sicherheit zu gewinnen, dafs darunter wirklich unsere Katze verstanden wird
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Man wird dadurch vor die Frage gestellt: Wie steht es mit der Verbreitung der
Katze im Altertum?
Bekanntlich ist es V. Hehn, der in seinem Buch »Kulturpflanzen und Haus-
tiere in ihrem Übergang aus Asien nach Griechenland und Italien sowie in das
übrige Europa, historisch-linguistische Skizzen« (die letzte, sechste, Auflage ist nach
dem Tode des Verfassers von 0. Schräder, mit botanischen Beiträgen von A. Engler,
1894 herausgegeben) das Vorkommen der Hauskatze auf Ägypten beschränkt und
ihre Weiterverbreitung in Europa erst in die Zeit der Völkerwanderung gesetzt hat.
Die Gründe, die ihn zu dieser Annahme geführt haben, sind zahlreich; so ist es
z. B. auffällig, dafs vielfach in der Litteratur an Stellen, wo man die Erwähnung
der Katze erwartet, andere Tiere dafür eintreten, vgl. die bekannte Fabel des Horaz
(Sat. II 6,79) von der Stadtmaus und Feldmaus; wenn die beiden Mäuse sich im
Stadthaus gütlich thun und nun plötzlich gestört werden sollen, was wäre da natür-
licher gewesen, als dafs plötzlich die Katze erscheint? aber nein, die Thüren öffnen
sich mit Geräusch, lautes Flundegebell erschüttert das Haus, beide Mäuse laufen
ängstlich hin und her und fürchten sich fast zu Tode. Hier läfst das Motiv der
Bedienten, die frühmorgens zur Reinigung des Saales eintreten, darauf schliefsen,
dafs die Katze als die ärgste Feindin der Maus dem Dichter nicht bekannt oder
wenigstens nicht handgerecht war. Ein anderer, gleichfalls bedeutsamer Beweis
wird aus den Nachrichten von Pompeji abgeleitet. Dort sind alle möglichen Tier-
gerippe unter den Lapilli hervorgezogen worden; Pferde, Hunde, Ziegen und andere
Haustiere wurden verschüttet und ihre Reste wiederaufgefunden, »merkwürdiger
Weise waren aber alle Katzen schon bei Zeiten verschwunden«; je mehr die Katze
sich an das Plaus hält, nicht an die eine oder andre Person anschliefst, um so
unglaublicher ist es, dafs bei dem Vesuvausbruch alle Katzen ihre gewöhnlichen
Wohnstätten verlassen hätten; dagegen hört jede Merkwürdigkeit auf, wenn es in
der Stadt eben noch keine Katzen gab. Nun werden freilich eine ganze Reihe von
antiken Stellen angeführt, wo von Tieren geredet wird, die als Feinde der Mäuse
gepflegt und als γαλή, αίλουρος, felis, mustela u. a. bezeichnet werden, aber es ist.
keine Sicherheit zu gewinnen, dafs darunter wirklich unsere Katze verstanden wird