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Bethe, Die hellenistischen Bühnen und ihre Decorationen.

durch Zaubermittel und andere Anweisungen die Liebe der Galateia zu ver-
schaffen versprach.
Denkt man sich dies und andere Werke derselben Art im hellenistischen
Theater aufgeführt — und sie sind da wirklich aufgeführt worden: Polyb. IV 20. 9
— so ist klar, dafs das Proskenion als Hintergrund diente und je nach Bedürfnifs
durch Ausheben und Einsetzen von Pinakes verändert wurde, die Solisten gelegent-
lich auch innerhalb dieser Decoration agirten. Realistisch war sie freilich nicht, die
mehrstöckige Säulendecoration der hellenistischen und römischen Bühne aber ebenso
wenig. Bei beiden ist dasselbe Princip verwendet, das uns durch die starke Stilisirung
befremdet: eine erfreuliche Bestätigung beider unabhängig geführter Untersuchungen.
Wir haben also im hellenistischen Theater zwei Spielplätze anzuerkennen:
1. einen in der Orchestra (öujjiX'/j) mit dem variabeln, durch Thüren zugänglichen
Säulenproskenion als Hintergrund, 2. ein hoch über diesem gelegenes, nur nach
vorn geöffnetes, architektonisch umrahmtes Gehäuse, hinten durch eine mehrstöckige
Säulendecoration geschlossen. Dieser diente als Bühne (cxTjvvj) den Tragöden und
Komöden, jene den nicht weniger beliebten Dithyramben.
Dieser localen Tennung entspricht, und nur aus dieser localen Trennung
erklärlich ist die Bezeichnung der tragischen und komischen Vorführungen als
ax'/jvixot d-'üivs? und der Wettkämpfe lyrischer Chöre und Virtuosen aller Art als
ödiasAixo! öqÄVcC. Seit dem vierten Jahrhundert nachweisbar — früher unbekannt —
bleiben diese Namen in strenger Unterscheidung gebräuchlich bis in die Kaiserzeit41.
Da beginnt die Vermischung, weil damals allmählich die OuueXtxol auch im griechischen
Theater auf die verbreiterte Bühne überzusiedeln begannen — die Chöre wraren ab-
gestorben, nur Virtuosen noch übrig — um die Orchestra für Gladiatoren und
Bestien frei zu machen. E. Bethe.

4I) Diese urkundliche Scheidung (vgl. meine Prole-
gomena S. 265—277) ist bei Dörpfelds Theorie
unbegreiflich, zumal die Solisten der Dithy-
ramben genau da agirt haben, wo nach D. die
Schauspieler, und auch der Dithyrambos seine
axrp'/j hatte, wie eben gezeigt. Dörpfelds Hilfs-
hypothese vom »kleinasiatischen Typus«, die
trotz meiner Widerlegung (Herrn. XXXIII 31311.)
und Roberts (22. Hall. Winckelmprgr. S.26Anmk.)
scharfem Proteste immer noch einige Gläubige
hat, ist auch von diesem Gesichtspunkt aus
unmöglich. In Vitruvs theatrtim Graectim, in
dem Dörpfeld sein »kleinasiatisches Theater« sieht,
treten die thyi?ielici in der Orchestra auf; das
war im »kleinasiatischen Theater« aber nicht

mehr möglich, da an Stelle des hellenistischen
Proskenions der schweren Barokdecoration zu
Liebe (mit seltenen Ausnahmen wie Priene) eine
massive thürlose, oder nur mit Lucken versehene
Steinwand unter der Bühne aufgeführt ist.
Dithyramben konnten da also nicht aufgeführt
werden und kein Virtuos anders als durch die
seitlichen Parodoi auftreten. Zudem war durch
die Steinwand die Akustik verschlechtert (vgl.
Vitruv V 6 § 7: in Rom nur »lignea theatra«
die »tabulationes habent complures quas necesse
est sonare. hoc vero licet animadvertere etiam ab
citharoedis, qui superiore totio cum volunt canere
avertunt se ad scaenae valvas et ita recipiunt ab
earum auxilio consonantiam vocis.«
 
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