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Graeven, Die Darstellungen der Inder in antiken Kunstwerken.

mistokles geplant ward, ist nicht über die Fundamente hinaus gediehen6. Die einzige
Darstellung der Schlacht von Plataeae, die wir besitzen, am Fries des nach 425
erbauten Tempels der Athena Nike7, zeigt die Barbaren alle in der Tracht, welche
die Kunst den Persern zu geben pflegt. Dasselbe ist der Ball auf den Vasenbildern,
die Szenen des Kampfes zwischen Griechen und dem Nationalfeinde darstellen8.
In den nächsten 150 Jahren, welche dem Einfall der Perser folgten, haben
griechische Augen sicher selten Gelegenheit gehabt, Bewohner des äussersten Ostens
zu sehen und deren Erscheinung war nicht derartig, dafs sie ebenso wie die Neger
zu karikierenden Darstellungen lockte9.
Im Jahre 327 unternahm Alexander seine kühne abenteuerliche Expedition
nach Indien. Vielleicht würde er sich nach dem Vorbilde der Pharaonen und der
babylonischen Herrscher ein Siegesdenkmal errichtet haben, wenn das Schicksal ihn
seine Triumphe hätte länger überleben lassen. Wir wissen von keinem Bildwerk,
das seinen indischen Feldzug verherrlichte, aber dieser gab doch indirekt der Kunst
die erste Veranlassung zur Darstellung der Inder, denn er hatte die Sage vom
indischen Feldzug des Dionysos erzeugt, die der hellenistischen Dichtung einen be-
liebten Stoff lieferte und die bildenden Künstler zur Gestaltung anregen mufste.
Ihnen war es jetzt auch ein Leichtes, naturgetreue Bilder der Inder zu geben, nach-
dem der Alexanderzug die Kenntnis des fernen Landes erweitert und verbreitet,
einen engeren Verkehr mit ihm angebahnt hatte. Schon in dem grofsen Fest-
zug, den Ptolemaeus Philadelphus in Alexandrien veranstaltete, trug ein Wagen das
Riesenbild des Dionysos auf einem Elephanten gelagert10. Die Figur eines Satyrs
safs als F'ührer, als ,Cornak‘, auf dem Halse des Tieres und im Gefolge befanden
sich andre Wagen mit Frauen, die als indische Gefangene kostümiert waren11.
Die uns erhaltenen Denkmäler, die sich auf den indischen Feldzug des
Bacchus beziehen, stammen aus einer sehr viel späteren Zeit des Altertums. Es

6) S. Furtwängler, Masterpieces of Greek Sculpture
p. 419 fr.
7) S. Furtwängler a. a. O. p. 442 fr.
8) Vgl. die von Hartwig, Griechische Meisterschalen
p. 513 fr. zusammengestellten Werke, dazu aber
Winter, Jahrb. d. archäol. Inst. VIII 1893 p. 154.
9) Vgl. Bethe, Athenische Mitteilungen XV 1890
p. 243 ff.
10) Athenaeus V 200 c ircl 61 «XXrj? xexpaxuxXou,
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[j.T|[j.Evai w? ocfypaXwtoi. Gefangene indische
Frauen sind vielleicht dargestellt auf einer
Wirkerei aus Achmim, Forrer, Römische und

byzantinische Seiden-Textilien (Strafsburg 1891)
Taf. I. Das Mittelfeld der Wirkerei zeigt den
sitzenden Dionysos zwischen einem Satyr, der
von links mit geschultertem Pedum herbeikommt,
und dem tanzenden Pan, der langgestielte Krotala
in den Händen hält. Unterhalb der Gruppe ist
rechts eine sitzende Frauengestalt, die auch ein
Musikinstrument zu spielen scheint und deshalb
wohl als Mänade zu bezeichnen ist. Sie wendet
den Kopf zwei andern Frauenfiguren zu, deren
eine am Boden gelagert ist, während die andre
kniet; beiden sind die Hände auf dem Rücken
zusammengebunden und daher müssen sie als
Inderinnen angesehen werden. Ihr Aussehen ist
nicht verschieden von der Mänade, gleich ihr
tragen sie einen gegürteten Chiton und einen
Reif in den Haaren. Vgl. was unten p. 216 über
die Sarkophage der Gruppe II bemerkt ist.
 
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