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P. Wolters, Bemalte Grabstele aus Athen.

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sonderes bietet in dieser Hinsicht die Stele des Gelon (Conze II Taf. 251), da hier
neben dem Hals der Lutrophoros im Felde menschliche Gestalten angebracht sind.
Was die Lutrophoros auf dem Grabmal bedeutet, brauche ich nicht zu erörtern;
ich wüßte dem, was Athen. Mitteilungen XVI 1891, 377 ff. dargelegt ist, nichts
Wesentliches hinzuzufügen. Auch ihre dreihenkelige, von der Hydria herzuleitende
Form, bedarf keiner Belege und keiner Erklärung. Das Grabmal eines Unvermählten
haben wir also vor uns, aber ob es Paramythion war, die zu früh hat sterben müssen,
ob Pheidiades, das bleibt ungewiß. Die Alabastra, beim Totenkult allgemein ge-
braucht und sogar im Original mitunter dauernd am Grabmal befestigt 5), erklären
sich auch von selbst. Was aber bedeuten die Rollen?
Es liegt nahe, an Bücherrollen zu denken, und diese Deutung ist zuerst auch
tatsächlich geäußert worden. Ich muß sie schon wegen der Farbe, rot und blau,
ablehnen. Eine bunte Färbung der Buchrollen ist im Altertum völlig unbekannt;
wenn rote Farbe bei der Ausstattung der Rolle genannt wird, wie in römischer Zeit
nicht selten, so bezieht sich dies immer auf das Futteral der Rolle, das aus Leder
angefertigt wurde 5 6). Allerdings erwähnt Blümner, Technologie I 325 ganz kurz
auch ein Färben der Rollen und führt dafür an Lukian, IIpo«; tov draxiosüTOV 16 und
Ovid, Tristia I I, 8. An ersterer Stelle heißt es: xtva yap sXmöa xat aoro? e/cov s?
ra ßtßXta xat dvaxüXiTTet? asl . • • xai dXstUet«; toj xpoxtp xat T‘fl xsoptp xat ottp&spas
•rcEpißaXXstg; Die ottp&spat sind eben die buntgefärbten, roten, purpurfarbenen
oder gelben (Tibull III I, 9) ledernen Futterale. Das Bestreichen mit xsöpog dagegen
färbte zwar das Papier gelblich, hatte aber zunächst nur den Zweck, es gegen den
Bücherwurm zu schützen (Belege bei Marquardt-Mau 815, 6 und sonst); der xpoxog
kann nur des Wohlgeruches wegen noch hinzu genommen sein, wäre als Farbe neben
der durch xsopog schon erzielten gelben Tönung überflüssig und war überhaupt nur
als Wohlgeruch und Würze, nicht als Farbstoff im Gebrauch (Berger, Maltechnik
des Altertums 261). Möglich ist, daß auch sein Geruch gegen den Bücherwurm helfen
sollte. Wenn aber, nebenbei bemerkt, Cassius Hemina bei Plinius XIII 86 die wunder-
bare Erhaltung der gefälschten Bücher des Numa durch die Vermutung erklärt:
»libros citratos fuisse, propterea arbitrarier tineas non tetigisse«, so wird uns dadurch
nicht etwa das citreum als drittes Mittel gegen den Bücherwurm überliefert. Aller-
dings legte man diese Frucht zwischen die Kleider, um sie gegen Motten zu schützen
(Belege bei Pauly-Wissowa III 2613), aber daß Hemina so behandelte Bücher citratos
genannt habe, bezweifele ich ebenso, wie daß dieser vetustissimus auctor annalium
das citreum erwähnt, oder gar schon in Numas Zeit versetzt habe (vgl. dazu
Pauly-Wissowa III 2616). Er wird wohl cedratos geschrieben oder gemeint

5) Grabmal der Korallion, Conze I Nr. 411; J. H. S.
XIX 1899, 171. Daß es tatsächlich Alabastra
sind, wie ich mir gemerkt hatte, und zwar fünf
an der Zahl, bestätigt mir nach erneuter Nach-
prüfung G. Karo. Dadurch erledigt sich der
Zweifel Jahreshefte des österr. Instituts X
1907, 119.

6) Vgl. Birt, Das antike Buchwesen 64; Dziatzko,
Untersuchungen über ausgewählte Kapitel des
antiken Buchwesens 117 und bei Pauly-Wissowa
III 950; Lafaye im Dictionnaire des antiquites
III 2, 1179; Marquardt-Mau, Privatleben der
Römer 816.
 
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