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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 27.1912

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Maybaum, J.: Der Becher des Pistoxenos im Schweriner Museum
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https://doi.org/10.11588/diglit.44287#0047
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Maybaum. Der Becher des Pistoxenos im Schweriner Museum.

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für das Detail der Muskeln und Sehnen, für Runzeln, Falten, Umränderung der
Lippen. Ob auch Gelb vorkam, läßt sich mit Sicherheit nicht mehr erkennen. Bei
Linos, Herakles und der Alten war der innere Augenkreis leicht mit hellem Rot
gefüllt. Von dem Mittel hellerer Untermalungen war reichlich Gebrauch gemacht,
deutlich zu erkennen an den Haaren und Augenbrauen und am Bart des Linos. Be-
sonders beachtenswert ist der Bart des Linos und das Haar des Herakles. Auf helle,
rotbraune Vorzeichnungen sind die dunkleren Locken und Strähnen aufgetragen. Es
soll offenbar dadurch der Eindruck der aufgelockerten, durchsichtigen Haarmasse mit
ihren Lichtreflexen, beim Barte auch das natürliche, lebendige, wellenförmige Herab-
fließen Aviedergegeben werden; besonders wirkungsvoll ist es, wie das glanzlose, matte
Schwarz (bei Herakles) durch diese Auflockerung Licht erhält. Der Verstärkung
des malerischen Eindruckes dienen auch die glänzend schwarzen, feinen, leicht er-
höhten Relieflinien. Dies vielfarbige Gebilde hob sich von dem metallisch glänzenden
Gefäßkörper ab, der noch an einigen Stellen in voller Schönheit erhalten ist. Die Leucht-
kraft der Farben, dasSpiel des Lichtes ließ all die feinen und feinsten Einzelheiten,
denen nachzugehen wir bemüht waren, soweit es noch möglich ist, scharf hervortreten.
Auf die Frage, die mit Sicherheit vielleicht überhaupt nicht zu entscheiden
ist, ob Pistoxenos auch der Maler dieses Gefäßes war, einzugehen, muß ich mir an
diesem Orte versagen *). Wenn er es nicht ist, wird der Maler wohl namenlos bleiben
müssen, denn unter den sonst bekannten Künstlern ihn zu suchen, erscheint bei einer
so unverkennbaren Individualität völlig ausgeschlossen. Er gehört dem Kreis des
Euphronios, Duris, Brygos, Hieron an. Am nächsten steht er unzweifelhaft dem Brygos,
den er an zeichnerischem Vermögen, an Schärfe der Charakterisierung und an Fein-
heit des Geschmackes noch übertrifft, wenn er auch an Kühnheit, an Erfindungs-
kraft, an unerschöpflicher Laune ihm nicht nahekommt. Doch lassen sich auch zu
andern Malern Beziehungen finden, so ähnelt er an subtiler Zierlichkeit der Zeichnung
dem Epilykos; nicht zuletzt kann er auch mit dem Maler der Hegesibulosschale
(Furtwängler, Reichhold II 179 Abb. 60) verglichen werden, der ein Innenbild
geschaffen hat, das der Alten des Pistoxenos mindestens gleichkommt. Sehr merk-
würdig ist es zu sehen, wie es auch diesem Maler bei aller Beschränktheit der
Kunstmittel gelungen ist, durch Haltung des Körpers, durch die Art, wie der lange,
dünne Stab des wandernden Mannes aufgestützt ist, wie der Hund gehalten wird,
suggestiv die Art der Bewegung, in diesem Falle ein ruhiges, bedächtiges Schreiten,
zur Anschauung zu bringen. Der Schulmeister des Euphronios, der Kahlkopf
Hierons, der Mann der Hegesibulosschale, das bucklige Männchen auf der kleinen
Scherbe, die Furtwängler Strena Helbigiana S. 92 veröffentlicht hat, die Alte des
Pistoxenos bezeichnen Flöhe- und Glanzpunkte der attischen Charaktermalerei.
Schwerin i. Μ. J. Maybaum.

9 Auch auf eine Behandlung des Brüsseler Sky-
phos, der ebenfalls mit dem Namen des Pisto-
xenos bezeichnet ist, glaubte ich in diesem Zu-
sammenhänge verzichten zu müssen, da es der
nächste Zweck dieser kleinen Abhandlung sein
sollte, in möglichst unmittelbarem Anschlüsse

an Studniczka (vgl. a. a. 0. S. 145, 1) eine stil-
getreue und ganz zuverlässige Abbildung der
Geropso zu geben, die es ermöglichte, neben
die schönste Greisin aus der attischen Kunst
des frühen V. Jahrhunderts die häßlichste zu
stellen.
 
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