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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 27.1912

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Meurer, M.: Der Goldschmuck der mykenischen Schachtgräber
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https://doi.org/10.11588/diglit.44287#0226
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208

Μ. Meurer, Der Goldschmuck der mykenischen Schachtgräber.

DER GOLDSCHMUCK DER MYKENISCHEN SCHACHT-
GRÄBER.
Mit Tafel 12.
Unter den Funden der von Schliemann aufgedeckten mykenischen Schacht-
gräber sind es hauptsächlich die aus Nachbildungen und Beschreibungen hinreichend
bekannten Schmuckstücke aus Goldblech, die wegen des Reichtums und der Eigen-
tümlichkeit ihrer Formen schon zu verschiedenen Deutungen Veranlassung gaben,
ohne daß eine gefunden worden wäre, die als beweiskräftig endgültig angenommen
werden konnte. So mag nachfolgender Versuch der Rekonstruktion dieser Stücke
zu einem einheitlichen Ganzen als ein weiterer Beitrag zur Lösung der Frage wohl
gestattet sein.
Allgemein einig dürfte man sich zurzeit nur darüber sein, daß die Auffassung
des Schmuckes als einer unmittelbaren Bekleidung der Leichen nicht aufrecht zu
erhalten ist. Wenn Schliemann dieselbe vertrat, so wurde er dazu hauptsächlich
durch jene diademartigen Gegenstände veranlaßt, von denen er zwei über dem Kopfe
der betreffenden Leichen fand: an einem derselben, sagt er wörtlich, »klebte noch
ein Teil des Schädels«. Infolge dieser Beobachtung bezeichnete er diese Schmuck-
stücke bekanntlich als den Leichen direkt aufgesetzte Kronen und faßte nun auch
die übrigen, gleichartig ausgeführten Goldbleche ebenfalls als einen körperlichen,
den Gewändern der Toten applizierten Schmuck auf. Lassen sich nun gewisse Merk-
male desselben mit dieser, zunächst sehr annehmbar scheinenden Erklärung schon
nicht vereinigen, so wurde es bald zweifelhaft, ob die Fundstellen der einzelnen
Stücke, welche die Meinung Schliemanns zu sichern schienen, auch wirklich ihrem
ursprünglichen Platze entsprächen. Wies Dörpfeld doch überzeugend nach, daß
die Gräber nicht — wie Schliemann annahm — nach der Beisetzung einfach zuge-
schüttet wurden, sondern daß sie Hohlräume waren, deren sorgfältige Plattendeckung
erst infolge von Vermoderung der sie tragenden Holzbalken einstürzte und zusammen
mit dem nachrutschenden Erdreiche die Gräber füllte. Dieser Sachverhalt wurde da-
durchbestätigt, daß Schliemann selbst viele dieser Schieferplatten, die er lediglich für
Verkleidungen der Grabwände hielt, kreuz und quer auf den Knochenresten der
Leichen vorgefunden hatte. Daß die Wucht dieses Einsturzes die ursprüngliche
Verfassung der Gräber wesentlich alterierte und die Unordnung des Inhaltes, die
Verrückung der Leichen und ihres Schmuckes herbeiführte, die Schliemann einem
eiligen 'Begräbnis zuschrieb, ist also nur zu erklärlich.
Konnte demnach die Lage der einzelnen Schmuckstücke bei ihrer Aushebung
für einen Beweis schon nicht zwingend sein, so hat ihre nähere Untersuchung Beob-
achtungen machen lassen, welche den Voraussetzungen Schliemanns direkt wider-
sprechen. Schon die Größe und Form der von ihm als Diademe angesehenen Stücke
lassen sich mit dieser Anwendung nicht vereinigen, noch weniger aber deren Be-
festigungsmittel. Auf dieselben machte zuerst der Ephorus des Nationalmuseums
in Athen, V. Stals, aufmerksam, der in einem Aufsatze der Ephemeris arch. vom
 
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