A. Preyß, Athena Hope und Pallas Albani-»Farnese«.
12 I
dem Winckelmann J eine ausführliche Beschreibung gibt. Er betont ausdrücklich,
daß die »Ärmel nicht besonders geschnitten, sondern aus dem vierekichten Roke,
welcher von der Achsel auf den Arm heruntergefallen...., gezogen und geleget«
sind, und schließt dann: »Solche weitläuftige Röke pflegete das weibliche Geschlecht
an feierlichen Tagen anzulegen2): amplissima vestis«. Die zitierte Stelle bezieht
sich auf die Kleidung der römischen Frauen bei einer feierlichen, 207 nach dem
Siege über Hasdrubal angeordneten, dreitägigen »supplicatio«. Ein anderes Mal 3)
schildert Winckelmann den »dopelt gelegeten Mantel der zwo schönen Statuen der
Pallas« als »nicht umgeworfen, sondern unter dem linken Arme und von vorne und
von hinten hinaufgezogen und auf der rechten Achsel zusammengehänget«.
Diese festliche, antike Tracht ist aber nicht nur literarisch beglaubigt, sondern
auch auf älteren Monumenten des frühen fünften Jahrhunderts und noch weiter
zurück nachweisbar: auf einem der drei thasischen Reliefs im Louvre (n. 696) trägt
sie Apollo Kitharodos bei seiner feierlichen Begrüßung und Bekränzung. Der Apoll
des noch deutlich altertümlichen Reliefs kann in der Anordnung des Gewandes wie
in der ganz ähnlichen Haltung als eine Art Vorstufe der Hope angesehen werden.
Auf anderen archaischen Reliefs kommt wenigstens die gleiche Art der Gewandung
mit kürzerem oder längerem Mantel nicht selten zur Darstellung, gelegentlich auch
bei Athena; ebenso bei zahlreichen, unseren Athenabildern gleichzeitigen oder älteren,
weiblichen Figuren, nicht selten endlich auf Vasenbildern verschiedener Zeiten.
Ein Relief in Sparta 4) zeigt Apollo (neben Artemis) in derselben Tracht, sie wieder-
holt sich nochmals an der altertümlichen Sitzfigur der Kybele 5) und unter Hinzu-
fügung eines Peplos an dem stehenden Kitharodenapoll der vatikanischen Statuen-
galerie 6); sie scheint überhaupt als feierliches Kitharodenkostüm gedient zu haben 7).
Eine späte, vielleicht die letzte originale Verwendung des so zu knüpfenden Diplax
- allerdings bei kürzerem Chiton — erwähnt Amelung an dem graziösen Tempel-
bilde der Artemis von Gabii im Louvre. Die Tracht gilt vielfach als altertümlich;
eine literarisch bezeugte kriegerische Verwendung mag für den Mantel, nicht aber
für den langen Chiton glaublich sein 8). Die festliche Bedeutung der Kleidung
ist jedenfalls, so oft sie vorkommt, nicht zu verkennen.
Athena im Festgewande, im Feiertagskleide! Diese Auffassung der Göttin
scheint nie beliebter gewesen zu sein, als um die Mitte des fünften Jahrhunderts.
Angesichts der drei erhaltenen statuarischen Darstellungen könnte man wenigstens
bei zweien, der Athena Albani und der Hope, an eine Art von Konkurrenz mehrerer
Künstler auf attischem Boden denken, etwa analog dem berühmten, ephesischen
Wettstreit um die schönste Bildung der verwundeten Amazone. Doch sind die zeit-
lichen Unterschiede beider Typen wohl zu bedeutend; derartige Hypothesen haben
auch stets mehr illustrierenden als positiven Wert.
’) Kg. 6, 1, § 16.
2) »Liv. 1. 27, c. ult.«
3) 6, 1, § 29.
9 Wolters, Ath. Mitt. 12, 1887, T. XII.
8) Siehe Studniczka, Zur Gesch.
5) Villa Doria-Pamphili, Statuenkopien S. 54/55,
T. X.
6) Helbig n. 193.
7) Amelung P. W. III 2339.
altgriech. Tracht, 1886, S. 78 ff.
12 I
dem Winckelmann J eine ausführliche Beschreibung gibt. Er betont ausdrücklich,
daß die »Ärmel nicht besonders geschnitten, sondern aus dem vierekichten Roke,
welcher von der Achsel auf den Arm heruntergefallen...., gezogen und geleget«
sind, und schließt dann: »Solche weitläuftige Röke pflegete das weibliche Geschlecht
an feierlichen Tagen anzulegen2): amplissima vestis«. Die zitierte Stelle bezieht
sich auf die Kleidung der römischen Frauen bei einer feierlichen, 207 nach dem
Siege über Hasdrubal angeordneten, dreitägigen »supplicatio«. Ein anderes Mal 3)
schildert Winckelmann den »dopelt gelegeten Mantel der zwo schönen Statuen der
Pallas« als »nicht umgeworfen, sondern unter dem linken Arme und von vorne und
von hinten hinaufgezogen und auf der rechten Achsel zusammengehänget«.
Diese festliche, antike Tracht ist aber nicht nur literarisch beglaubigt, sondern
auch auf älteren Monumenten des frühen fünften Jahrhunderts und noch weiter
zurück nachweisbar: auf einem der drei thasischen Reliefs im Louvre (n. 696) trägt
sie Apollo Kitharodos bei seiner feierlichen Begrüßung und Bekränzung. Der Apoll
des noch deutlich altertümlichen Reliefs kann in der Anordnung des Gewandes wie
in der ganz ähnlichen Haltung als eine Art Vorstufe der Hope angesehen werden.
Auf anderen archaischen Reliefs kommt wenigstens die gleiche Art der Gewandung
mit kürzerem oder längerem Mantel nicht selten zur Darstellung, gelegentlich auch
bei Athena; ebenso bei zahlreichen, unseren Athenabildern gleichzeitigen oder älteren,
weiblichen Figuren, nicht selten endlich auf Vasenbildern verschiedener Zeiten.
Ein Relief in Sparta 4) zeigt Apollo (neben Artemis) in derselben Tracht, sie wieder-
holt sich nochmals an der altertümlichen Sitzfigur der Kybele 5) und unter Hinzu-
fügung eines Peplos an dem stehenden Kitharodenapoll der vatikanischen Statuen-
galerie 6); sie scheint überhaupt als feierliches Kitharodenkostüm gedient zu haben 7).
Eine späte, vielleicht die letzte originale Verwendung des so zu knüpfenden Diplax
- allerdings bei kürzerem Chiton — erwähnt Amelung an dem graziösen Tempel-
bilde der Artemis von Gabii im Louvre. Die Tracht gilt vielfach als altertümlich;
eine literarisch bezeugte kriegerische Verwendung mag für den Mantel, nicht aber
für den langen Chiton glaublich sein 8). Die festliche Bedeutung der Kleidung
ist jedenfalls, so oft sie vorkommt, nicht zu verkennen.
Athena im Festgewande, im Feiertagskleide! Diese Auffassung der Göttin
scheint nie beliebter gewesen zu sein, als um die Mitte des fünften Jahrhunderts.
Angesichts der drei erhaltenen statuarischen Darstellungen könnte man wenigstens
bei zweien, der Athena Albani und der Hope, an eine Art von Konkurrenz mehrerer
Künstler auf attischem Boden denken, etwa analog dem berühmten, ephesischen
Wettstreit um die schönste Bildung der verwundeten Amazone. Doch sind die zeit-
lichen Unterschiede beider Typen wohl zu bedeutend; derartige Hypothesen haben
auch stets mehr illustrierenden als positiven Wert.
’) Kg. 6, 1, § 16.
2) »Liv. 1. 27, c. ult.«
3) 6, 1, § 29.
9 Wolters, Ath. Mitt. 12, 1887, T. XII.
8) Siehe Studniczka, Zur Gesch.
5) Villa Doria-Pamphili, Statuenkopien S. 54/55,
T. X.
6) Helbig n. 193.
7) Amelung P. W. III 2339.
altgriech. Tracht, 1886, S. 78 ff.