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Deutsches Archäologisches Institut [Editor]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Editor]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 27.1912

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Preyss, Adolf: Athena Hope und Pallas Albani-"Farnese"
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https://doi.org/10.11588/diglit.44287#0142
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A. Preyß, Athena Hope und Pallas Albani-»Farnese«.

und Giebel im wesentlichen dem gleichen Künstler angehören und zeitlich nur wenige
Jahre auseinander liegen. Die Auffassung der kolossalen Goldelfenbeinstatue der
Burggöttin als »Abschluß einer älteren Periode« J, die halb unter dem Gebälk ver-
borgene Anbringung des Frieses, die freie, weithin sichtbare Aufstellung der Giebel-
figuren — diese äußeren Momente mögen wohl einen Teil der erheblichen Stilunter-
schiede erklären. Im Grunde bedeuten sie aber dennoch eine rasch fortschreitende
Entwicklung des Künstlers selbst, deren letzte Stufe den Giebeln —■ und mit ihnen
der Athena Medici entspricht. Die erhebliche Erweiterung des künstlerischen
Begriffes »Phidias« und die so gewonnene Kenntnis seines letzten Stiles eröffnen
neue, sehr erfreuliche Perspektiven, sind aber noch weiter zu begründen und in ihren
Konsequenzen zu erwägen.
Die Stellung der Athena Flope zu Phidias bleibt dabei in sofern unbestritten,
als wir nach wie vor in ihr entweder die letzte oder eine der letzten großen Dar-
stellungen der Göttin seiner Heimatstadt vermuten dürfen, die er selbst geschaffen
hat. Sie gelang dem Meister auf der vollen Höhe seines Schaffens; sie ist zugleich
ein Beweis seines reifen Könnens und eine Probe seiner verfeinerten und reicher
gewordenen Ausdrucksfähigkeit. Vielleicht ist sie die bei Plinius 2) nach der Par-
thenos und — wahrscheinlich — der Lemnia an dritter Stelle erwähnte phidia-
sische Minerva, ein Erzbild, das Aemilius Paulus seinerzeit an einem den Kopisten
leicht zugänglichen Orte, im römischen Fortunatempel, aufgestellt hat 3). Aus
Rom oder seiner nächsten Umgebung stammen denn auch, soAveit nachweisbar,
sämtliche Repliken und Varianten des Hope’schen Typus; aber keine von ihnen
gibt eine bessere Vorstellung von dem ursprünglichen Reize des Originales als die
Statue in Deepdene — im Verein mit den alten Abgüssen ihres unergänzten Kopfes.
Alle Detailfragen werden für den Moment illusorisch, in dem man der unvergleich-
lichen milden Floheit, der »wunderbaren und einzigen Schönheit« des Werkes selbst
gegenübersteht. Es gibt wenig Antiken im englischen Privatbesitz, die neben dieser
Athena standhalten.
Möge die von Furtwängler so sehr gefeierte Statue ihre Eremitenrolle in Deepdene
bald mit der öffentlichen Aufstellung in einer größeren Antikensammlung vertau-
schen und der Bewunderung dann ebenso allgemein zugänglich werden wie Winckel-
manns Pallas in Neapel !
München. Adolf Preyß.

>) F. Hauser, 1889,1. c. S. 153.

2) Nat. hist. 34, 54.
3) Furtwängler 1893, S. in.
 
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