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E. Weigand, Baalbek und Rom, die römische Reichskunst in ihrer Entwickelung und Differenzierung.
geführt *). In Griechenland bietet das früheste Beispiel der Hadriansbogen in
Athen, antoninischc die großen Propyläen von Eleusis, die Exedra in Olympia
und das Odeon des Herodes Attikus, sonst findet es sich mehrfach in Athen,
verbaut an der kleinen Metropolis, im Dionysostheater, auf der Akropolis, bei der
Attalosstoa usw.; auch auf der Insel Thasos begegnet es in der gleichen Zeit2).
Endlich ist der Typus reich vertreten in Pergamon (Abb. 42) in den Gymnasien,
ferner am Zeustempel von Aezani, in Aphrodisias, Halikarnaß 3) u. a. Es gibt
zwar auch ganz vereinzelte Nachläufer, sogar ein frühbyzantinisches Stück 4)(
die Hauptmasse der Beispiele gehört jedoch in die spättrajanische, die hadria-
nische und die Zeit des Antoninus Pius; in denselben Zeitgrenzen hält sich
stilistisch, was wir vom korinthischen Kapitell und allen Einzelformen in Baalbek
kennen. Daraus folgere ich, daß die zweite Bauperiode von Baalbek in spät-
trajanischer Zeit eingesetzt haben mag, hauptsächlich in hadrianischer und anto-
ninischer Zeit durchgeführt und auch noch zur Zeit des Antoninus Pius abge-
schlossen wurde. Darin wird die versprengte Notiz bei Malalas ihre Richtigkeit
haben, daß in der Weihinschrift, die von der Vollendung der staunenswert groß-
artigen Akropolisbauten von Baalbek Zeugnis gab, der Name des Antoninus Pius
stand; eine spätere Zeit kann zum Ausbau nichts Nennenswertes beigetragen haben,
nur noch zur Ausschmückung.
Fasse ich ganz kurz zusammen, so ergibt sich mir: Der Baubeginn des großen
Tempels fällt in die Gründungszeit der römischen Kolonie Julia Augusta Heliopolitana;
seine Formengebung ist bestimmt durch stadtrömisch-augusteische Kunst in Durch-
dringung mit späthellenistischen Traditionen, die Differenzierung zu ausgeprägt
östlichen, römisch-griechischen Ornamenttypen setzt sehr bald ein; was erhalten
ist, fällt vor die flavische Zeit. In der zweiten Bauperiode bietet uns Baalbek inmitten
einer rein östlichen, römisch-(gricchisch-)syrischen Umgebung das eigenartige Bild
einer stärker von weströmischen Einflüssen durchsetzten Kunst, die sich durch die
Ausbildung syrischer Künstler in Rom erklären mag. Der östliche griechische
*) Lateran: Ronczewski, Motive, 56 f., Abb. 97,
103; Moles Hadrian a: Rodocanachi, Le
ChateauSaint-Ange, Paris 1909, 8, pl. 2; Hülsen,
II libro di Giul. da Sangallo, Leipzig 1910, f. 9:
die Vollendung durch Antoninus Pius wahr-
scheinlich schon 139, darnach Beisetzung der
Asche Hadrians, die aus Pozzuoli überführt
wurde.
2) Hadriansbogen: Stuart-Revett, Antiquit.,
Vol. III, chap. III, pl. VI—VIII; Eleusis:
Πρακτικά, 1887, Taf. I. Plan; zur Datierung der
großen Propyläen, ebd., 52, A1 u. 53 f., die Büste
im Clipeus muß ohne Zweifel als Antoninusbüste
angesprochen werden, vgl. Am. Journ. Arch. XIV,
1910, 155 A. (Dinsmoor); Olympia: Bau-
werke II, Taf. XC, 1, 3; Odeon: Stuart-
Revett, Antiqu., nicht genaue Vignette, Vol. III,
Bildw., Berlin 1909,
51; Arch. Ephim. 1912, 164 f. 3, Taf. 10 (Ver-
sakis); Kleine Metropolis: Athen.
Mitt. XXXI (1906), Beil., f. 9. Thasos:
Ost. Jahresh. XI (1908), 163 f. 56 (Sitte):
sicher nicht V. Jh.
3) Pergamon: Institutsph., 367—369, 753;
Aezani, Theater: Lebas-Reinach, Taf. 10; in
Aphrodisias in der Stadtmauer verbaut, vgl.
ferner Theater von Ephesus, Forschungen
II, 63 f. 119 ff.; Halikarnaß: Institutsph.
Kleinasien, 297. Hellenistische Vorbilder dafür
wären Kapitelle wie Cockerell-Kinnard u. a.
Antiquit. of Athens, London 1830, 55 u. Taf. IV, 1
aus Halikarnaß, dem ein Büstenkapitell in
Nimes parallel geht, s. Durm, Bauk. Etrusk. u.
Römer, Stuttgart 2 1905, 72 f. 80, 81.
4) Aus Saloniki: Wulff, Altchristi, u. mittelalt.
Nachtrag, 309, Nr. 1631.
E. Weigand, Baalbek und Rom, die römische Reichskunst in ihrer Entwickelung und Differenzierung.
geführt *). In Griechenland bietet das früheste Beispiel der Hadriansbogen in
Athen, antoninischc die großen Propyläen von Eleusis, die Exedra in Olympia
und das Odeon des Herodes Attikus, sonst findet es sich mehrfach in Athen,
verbaut an der kleinen Metropolis, im Dionysostheater, auf der Akropolis, bei der
Attalosstoa usw.; auch auf der Insel Thasos begegnet es in der gleichen Zeit2).
Endlich ist der Typus reich vertreten in Pergamon (Abb. 42) in den Gymnasien,
ferner am Zeustempel von Aezani, in Aphrodisias, Halikarnaß 3) u. a. Es gibt
zwar auch ganz vereinzelte Nachläufer, sogar ein frühbyzantinisches Stück 4)(
die Hauptmasse der Beispiele gehört jedoch in die spättrajanische, die hadria-
nische und die Zeit des Antoninus Pius; in denselben Zeitgrenzen hält sich
stilistisch, was wir vom korinthischen Kapitell und allen Einzelformen in Baalbek
kennen. Daraus folgere ich, daß die zweite Bauperiode von Baalbek in spät-
trajanischer Zeit eingesetzt haben mag, hauptsächlich in hadrianischer und anto-
ninischer Zeit durchgeführt und auch noch zur Zeit des Antoninus Pius abge-
schlossen wurde. Darin wird die versprengte Notiz bei Malalas ihre Richtigkeit
haben, daß in der Weihinschrift, die von der Vollendung der staunenswert groß-
artigen Akropolisbauten von Baalbek Zeugnis gab, der Name des Antoninus Pius
stand; eine spätere Zeit kann zum Ausbau nichts Nennenswertes beigetragen haben,
nur noch zur Ausschmückung.
Fasse ich ganz kurz zusammen, so ergibt sich mir: Der Baubeginn des großen
Tempels fällt in die Gründungszeit der römischen Kolonie Julia Augusta Heliopolitana;
seine Formengebung ist bestimmt durch stadtrömisch-augusteische Kunst in Durch-
dringung mit späthellenistischen Traditionen, die Differenzierung zu ausgeprägt
östlichen, römisch-griechischen Ornamenttypen setzt sehr bald ein; was erhalten
ist, fällt vor die flavische Zeit. In der zweiten Bauperiode bietet uns Baalbek inmitten
einer rein östlichen, römisch-(gricchisch-)syrischen Umgebung das eigenartige Bild
einer stärker von weströmischen Einflüssen durchsetzten Kunst, die sich durch die
Ausbildung syrischer Künstler in Rom erklären mag. Der östliche griechische
*) Lateran: Ronczewski, Motive, 56 f., Abb. 97,
103; Moles Hadrian a: Rodocanachi, Le
ChateauSaint-Ange, Paris 1909, 8, pl. 2; Hülsen,
II libro di Giul. da Sangallo, Leipzig 1910, f. 9:
die Vollendung durch Antoninus Pius wahr-
scheinlich schon 139, darnach Beisetzung der
Asche Hadrians, die aus Pozzuoli überführt
wurde.
2) Hadriansbogen: Stuart-Revett, Antiquit.,
Vol. III, chap. III, pl. VI—VIII; Eleusis:
Πρακτικά, 1887, Taf. I. Plan; zur Datierung der
großen Propyläen, ebd., 52, A1 u. 53 f., die Büste
im Clipeus muß ohne Zweifel als Antoninusbüste
angesprochen werden, vgl. Am. Journ. Arch. XIV,
1910, 155 A. (Dinsmoor); Olympia: Bau-
werke II, Taf. XC, 1, 3; Odeon: Stuart-
Revett, Antiqu., nicht genaue Vignette, Vol. III,
Bildw., Berlin 1909,
51; Arch. Ephim. 1912, 164 f. 3, Taf. 10 (Ver-
sakis); Kleine Metropolis: Athen.
Mitt. XXXI (1906), Beil., f. 9. Thasos:
Ost. Jahresh. XI (1908), 163 f. 56 (Sitte):
sicher nicht V. Jh.
3) Pergamon: Institutsph., 367—369, 753;
Aezani, Theater: Lebas-Reinach, Taf. 10; in
Aphrodisias in der Stadtmauer verbaut, vgl.
ferner Theater von Ephesus, Forschungen
II, 63 f. 119 ff.; Halikarnaß: Institutsph.
Kleinasien, 297. Hellenistische Vorbilder dafür
wären Kapitelle wie Cockerell-Kinnard u. a.
Antiquit. of Athens, London 1830, 55 u. Taf. IV, 1
aus Halikarnaß, dem ein Büstenkapitell in
Nimes parallel geht, s. Durm, Bauk. Etrusk. u.
Römer, Stuttgart 2 1905, 72 f. 80, 81.
4) Aus Saloniki: Wulff, Altchristi, u. mittelalt.
Nachtrag, 309, Nr. 1631.