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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 29.1914

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Maybaum, J.: Tragische Szene auf einem kampanischen Glockenkrater
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https://doi.org/10.11588/diglit.44616#0112
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J. Maybaum, Tragische Szene auf einem kampanischen Glockenkrater des vierten Jahrhunderts.


TRAGISCHE SZENE AUF EINEM KAMPANISCHEN
GLOCKENKRATER DES VIERTEN JAHRHUNDERTS.
Mit Tafel 6 und 7.
Der Fundort des in der Vorderseite auf Tafel 6, in der Rückseite auf der Anfangs·
Vignette abgebildeten kampanischen oder lukanischen Gefäßes ist Baj’ae, wo es im
Jahre 1868 in Gegenwart des ersten Besitzers, des Barons von Nolcken, ausgegraben
wurde. Aus dessen Sammlung ging es mit einigen andern Gefäßen gleicher Her-
kunft durch Schenkung in die kleine Antikensammlung des Großherzoglichen
Museums zu Schwerin über. Höhe 40 cm, Randdurchmesser 40 cm, Höhe des
Bildfeldes 18 cm, Breite 30 cm; Form und Technik sind plump, ebenso wie die
bildliche Darstellung nur geringen Anspruch auf künstlerische Qualität erheben
kann. Jedoch erweckt sie ein erhebliches gegenständliches Interesse, und darum
ist das Gefäß wohl wert, veröffentlicht zu werden, wenn auch, wie ich gleich im
voraus bemerken möchte, eine Deutung bisher nicht gefunden ist.
Der dargestellte Vorgang ist einfach und an und für sich betrachtet ohne weiteres
verständlich. Auf einem Altar sitzt ein Schutzflehender, ein alter Mann mit vollem
weißem Haupt- und Barthaar. Er ist in ein langes, bis auf die Füße reichendes Ge-
wand gehüllt, das in der Mitte gegürtet ist und dessen Ärmel bis zur Handwurzel
herabgehen; es ist das Gewandstück, das auf der Bühne vornehme Männer tragen.
Dem Gewand entsprechen die reich geschmückten Schuhe. Der linke Arm ist unter
dem Mantel verborgen und in die Seite gestemmt, die rechte Hand mit einer Geste,
die Trauer, kummervolles Nachsinnen oder stumme Verzweiflung ausdrücken soll,
an das Gesicht gelegt, das Haupt gesenkt, der Blick starr und ziellos ins weite ge-
richtet. Die Form des Altars mit den hochgestellten Platten kehrt auf unteritalischen
Gefäßen häufiger wieder: als Beispiel nenne ich wegen der Verwandtschaft des Motivs
die höchst interessante und bedeutende Vase in den Wiener Vorlege-
 
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