Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 30.1915

DOI Artikel:
Robert, Carl: Der Kephisos im Parthenongiebel
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44516#0276
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
238

C. Robert, Der Kephisos im Parthenongiebel.

als Flußgötter zu erweisen. Daß sie einst durch Abzeichen, wie Schale, Skcptron,
Schilfstengel oder Schilfkranz, gekennzeichnet gewesen seien, ist eine dem Thema
probandum zuliebe gemachte Voraussetzung, die in Anbetracht der Armhaltung
der Figuren und des Fehlens von Bohrlöchern am Kopfe des Kiadeos äußerst un-
wahrscheinlich ist x). Dagegen spricht ferner, daß die rechte Eckfigur offenbar mit
dem kauernden Knaben und dem besorgten Greis zu einer Gruppe zusammen-
zufassen sind. Wollte man nun auch zur Deutung des Knaben irgendein Bächlein
in der Nähe von Olympia ausfindig machen — daß der pantoffeltragende Alte nicht


Abb. i. Eckfigur im Westgiebel des Parthenon.

in den Kreis der Lokalgötter gehören kann, liegt auf der Hand, und so wird man
hier eher eine Gruppe lokaler Heroen zu erkennen haben, ähnlich der Kekropsgruppe
im Westgiebel des Parthenon2).
Aber um die Eckfiguren dieses Giebels als Flußgötter zu erweisen, bedarf es
des Umweges über Pausanias wahrlich nicht. Befragen wir sie doch selbst, vor allem

nicht unsterblich sind, aber, solange sie leben,
ewig jung bleiben, also gerade umgekehrt wie
Tithonos. Und wie kämen Ortsnymphen in den
Hochzeitssaal, wo sich der Kampf abspielt?
Studniczka und Treu haben also meiner Ansicht
nach recht, wenn sie in diesen verängstigt sich
duckenden Weibern Lapithenmütter und La-
pithenmädchen sehen. Anders Matz a. a. 0. S. 90.
2) Über diese s. Hermes XVI 1881 S. 83. Dagegen
scheint mir Furtwänglers Deutung der ent-
sprechenden Gruppe rechts auf die Familie des
Erechtheus, so sehr man wünschen möchte, daß
sie stimme, durch den Charakter der Figuren

*) Für die Auffassung als Flußgötter würde es aller-
dings sprechen, wenn die entsprechenden Eck-
figuren des Westgiebels wirklich Ortsnymphen
wären. Aber diese bestechende Deutung Loesch-
ckes (Dorpater Progr. 1887 S. 1 ff.), der ich früher
selbst zugestimmt hatte (Deutsche Lit.-Ztg. 1888
S. 603 f.), läßt sich, wie ich glaube, heute nicht
mehr aufrechterhalten. Der vereinzelten Er-
scheinung der verhutzelten Kromyo, die man
eher als Lokalpersonifikation denn als Orts-
nymphe (beides ist nicht dasselbe) zu fassen
haben wird, steht die allgemein-griechische An-
schauung gegenüber, daß die Nymphen zwar
ausgeschlossen.
 
Annotationen