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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 32.1917

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Pick, Behrendt: Die thronende Göttin des Berliner Museums und die Persephone von Lokroi
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https://doi.org/10.11588/diglit.44518#0218
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204 Behrendt Pick, Die thronende Göttin des Berliner Museums und die Persephone von Lokroi.

DIE THRONENDE GÖTTIN DES BERLINER MUSEUMS
UND DIE PERSEPHONE VON LOKROI.
Die neue Statue des Berliner Museums, deren Erwerbung und Überführung
nach Deutschland kurz vor dem Toresschluß, den der Krieg für uns bedeutete, so
großes Aufsehen erregt hat, wird mit Recht als eines der wertvollsten Denkmäler
der archaischen Kunst, ja der antiken Kunst überhaupt, angesehen, die sich in
Deutschland befinden. Der erste Herausgeber, Theodor Wiegand, bezeichnet sie
in der schönen Veröffentlichung, die dem vorläufigen Bericht mit erfreulicher Schnel-
ligkeit gefolgt ist r), als thronende Göttin, und diese Bezeichnung wird wohl all-
gemeine Zustimmung finden. Aber es ist doch auch schon der Gedanke ausgesprochen
worden, daß es eine Grabstatue sein könnte, das Bild einer sterblichen Frau also.
Es dürfte der Mühe wert sein zu untersuchen, ob sich diese Frage nicht entscheiden
läßt; denn erst dann könnte dem Kunstwerk sein Platz mit Sicherheit angewiesen, die
Leistung des Künstlers voll gewürdigt werden. Die Widersprüche in der Erscheinung
der Figur, die Mischung streng altertümlicher Formen mit solchen einer freieren
reiferen Kunst, auf die Wiegand sogleich hingewiesen hat, brauchen nicht als Merk-
mal einer Übergangszeit gedeutet zu werden: wenn es sich um ein Kultbild handelt,
so erklärt sich jener Widerspruch daraus, daß der Künstler durch seinen
Auftrag gezwungen war, gewisse Züge eines älteren, besonders heiligen Bildes in sei-
nem neuen Werke festzuhalten2), während derselbe Künstler bei Herstellung einer
Grabstatue in der Lage gewesen wäre, in voller Freiheit ein einheitliches Kunstwerk
zu schaffen. Der Fall liegt, um von der auch noch keineswegs sicher gelösten Frage
der sog. Penelope abzusehen, ganz ähnlich wie bei den »Apollines«: das Fehlen der
Attribute macht die Entscheidung, ob eine Gottheit oder ein Mensch dargestellt
sei, zunächst unmöglich; aber zuweilen lassen sich mit Hilfe von Nachbildungen die
entscheidenden Attribute ermitteln, und die Kenntnis des Fundortes und seiner Kulte
erleichtert das Suchen. Vielleicht kann dieser Weg auch hier eingeschlagen werden.
Wenn die Statue ein Götterbild und sogar ein Kultbild sein soll, so ist Auf-
klärung aus der Kleinkunst der Gegend zu erwarten, aus der sie stammt, weil mit
einiger Sicherheit anzunehmen ist, daß ein Kultbild in seiner Heimat auch im Klei-
nen nachgebildet worden ist, — nicht aus künstlerischen, sondern aus religiösen
Gründen. Nun ist aber der Fundort der Berliner Statue nicht sicher bekannt; der
erste Bericht sprach von »einer altgriechischen Kolonie Unteritaliens«, die größere
Veröffentlichung läßt auch Herkunft »aus dem griechischen Osten« möglich er-
scheinen. Doch scheint Wiegand selbst auf die letzteren Mitteilungen keinen be-
sonderen Wert zu legen; daß aus dem parischen Marmor nicht auf östlichen Ur-
sprung zu schließen ist, braucht kaum besonders betont zu werden: auch die Dios-
kurengruppe an dem noch zu erwähnenden zweiten Tempel von Lokroi Epizephy-

J) Antike Denkmäler III, 4 (1917)· — Die vor- den Kgl. Kunstsammlungen 37 Nr. 8 (Mai 1916).
läufige Mitteilung in den Amtl. Berichten aus *) Näheres darüber unten S. 212.
 
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