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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 8.1888

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Die Kunst in den Elbniederungen bei Hamburg
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Ein verurtheilter Silbermanscher
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Kleine Abhandlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.60987#0099

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steigerten Geschmacke paart, welchen der Altländer auf dem Hamburger
Blumenmarkt gewinnt, von wo aus er seltene Pflanzen aller Zonen in
seinen Garten überführt. Hier fehlt es nicht an blanken Muscheln und
Scherben, welche die Beete einfassen, an bunten Blumentöpfen für be-
sonders gepflegte Pflanzen; hinter jeder Fensterscheibe glänzt und
schimmert es von sorgfältig gehegten Prachtpflanzen. Und über diesem
Blumenschmucke erhebt sich das Haus, tadellos sauber unter seiner
schweren Strohkappe, unter seinem blinkend rothen Ziegeldache. Diese
Wohlhabenheit ist schon Jahrhunderte alt und hat diese Landbevölkerung
zu guten Abnehmern der Waaren gemacht, welche von fremden Händlern
auf den Hamburger Markt geführt wurden. So sind die Fayencen von
Rouen und anderes mehr ihrer Zeit direkt in den französischen Hafen-
plätzen gekauft und hier in die Hütten der Bauern gewandert. Aber
dies allein hätte nicht hingereicht, um hier ein Beutefeld für moderne
Kunstsammler zu schaffen. Die kostbaren Stücke älterer Arbeit, die sich
hier finden, stammen zumeist aus Hamburger Bürgerhäusern. In der
städtischen Bevölkerung wechselte der Geschmack von Geschlecht zu
Geschlecht; besonders zu Anfang unseres Jahrhunderts, als der nüchterne
und farblose Klassizismus aufkam, warf man das prächtig geschweifte
und farbig gemalte Geräth aus dem Hause und damals kauften es die
Bauern auf, welchen der Sinn für die farbige Erscheinung nicht abge-
storben war und führten es in ihren Haushalt, aus welchem es zwei
Menschenalter später der Sammeleifer wieder hervorzog. Dieser Sammel-
eifer hat schon so gründlich aufgeräumt, dass man auf wichtige Funde
nicht mehr rechnen darf. Allenfalls sind es die weniger beweglichen
Stücke, Tafelwerk und Oefen, die sich noch an Ort und Stelle erhalten
finden.
Neben diesen älteren Stücken städtischer Herkunft besass das Alte
Land auch eine heimische Industrie, die sich in einfachen, aber reizvollen
Möbeln und sonstigem Hausgeräth aussprach. Wenn eine Gegend abge-
legen genug ist, um nicht von dem fortwährend wechselnden Strome der
Kultur bewegt zu werden, erhält sich ein gewisser Stamm zweckmässiger
und einfacher Formen erstaunlich lange. Bis in die Mitte unseres Jahr-
hunderts hinein hat man in dem Alten Lande gewisse Drechslerarbeiten
ausgeführt, die in ihrer konstruktiven Einfachheit und Formenrichtigkeit
uns lebhaft an das mahnen, was wir in Manuskripten des 12. Jahrhunderts
an Möbelwerk abgebildet finden. Stühle derartiger Arbeit stehen bis
zum heutigen Tage noch in grosser Anzahl in den Häusern und könnten
selbst bis jetzt noch angefertigt werden. Ebenso hat sich die eigen-
thüniliche Verzierung des Holzwerkes durch Kerbschnitte erhalten, jene
einfachste Art, die sich damit begnügt, mit einem Taschenmesser Ver-
zierungen in das Holz einzukerben, die durch geschicktes Zusammenfügen
Sterne, Rosetten und Leisten bilden, Zierrath, der keine hohen künstle-
rischen Ansprüche macht, aber dem Bedürfnis und dem niederen Bildungs-
grade vorzüglich entspricht. Dieselbe Verzierungsweise findet sich längs
der ganzen friesischen Küste von Holland bis nach Schleswig hinauf; an
langen Winterabenden im Bauerhaus oder an einsamen Tagen auf hoher
See sind diese Geräthe mit liebevoller Hingebung gearbeitet worden von
Leuten, deren Hand nur wenig geübt, deren Zeit nicht kostbar, aber deren
Geschmack auf diesem beschränkten Gebiete durch Jahrhunderte lange
Ueberlieferung in anmuthiger Weise geschult war.
Auf demselben Gebiete liegen die bäuerlichen Schmuckwaaren in
Filigranarbeit. Auch bei diesen tritt die eigentliche künstlerische Er-
findung zurück, es handelt sich mehr um Geschicklichkeit und Geduld,
die feinen Silberfäden in mannigfachen Schnecken zusammenzuschlingen;
daher kommt es denn auch, dass dieser Bauernschmuck durch weite
Landstriche hier fast dieselben Formen zeigt. Die Abweichungen, deren
sich die einzelnen Landstriche, selbst die einzelnen Dörfer unter sich
wol bewusst sind, sind unter den ferner Stehenden nur dem kundigsten
Auge bemerkbar.

Ein verurteilter Silbermanscher.
Am 10. November wurde bei d. K. Landgericht zu Dresden
gegen den 31 Jahr alten Silberarbeiter Oswald Wagner aus Lichten-
stein bei Zwickau wegen Betrugs in mehreren Fällen verhandelt.
Als Sachverständige waren vorgeladen Wardein Nagel von der
Dresdner Goldschmiede-Innung, sowie Innungsobermeister Marpe-
Dresden Es handelt sich in dem vorliegenden Falle um Schäden,
welche einer Anzahl Zeugen durch Lieferung von minder wer thigem

Silber zugefügt worden sind. Wagner ist bereits zweimal wegen
gleicher Betrügerei bestraft worden und zwar zunächst vom Schöffen-
gericht zu Giessen mit 3 Wochen Gefängnis und 200 Mk., sowie
im Juni d. J. vom Schöffengericht zu Elmshorn mit 3 Tagen Ge-
fängnis. Der Angeklagte welcher früher in Striesen wohnte und
sich dann bis zu seiner Verhaftung in Elmshorn auf hielt, lernte
bei seinem Vater in Lichtenstein als Silberarbeiter. Im Jahre 1883
kam Wagner mit seinem Bruder Albert nach Dresden. Beide er-
richteten auf der. Zirkusstrasse ein Geschäft und wurden Mitglieder
der hiesigen Goldschmiede-Innung. Im Jahre 1885 erfolgte der
Ausschluss der beiden Brüder aus der genannten Innung, da sie
geringwerthiges Silber ausgegeben haben sollten. Da dies von der
Innung öffentlich bekannt gemacht worden war, strengten die
beiden Brüder eine Klage gegen dieselbe an und verlangten einen
Schadenersatz von 12 000 Mark. Die erste Zivilkammer des
Dresdner Königlichen Landgerichts wies in der Sitzung vom 31.
März vorigen Jahres die Gebrüder Wagner mit der Klage ab und
verurtheilte dieselben in die Kosten des Rechtsstreites. Mit der
darauf eingewendeten Berufung wurden die Kläger auch vom Ober-
landesgericht in der Sitzung vom 21. September v. J. abgewiesen.
Wagner führte nun an, er sei hierdurch sehr geschädigt worden,
habe viel Kunden verloren und infolgedessen in schlechte Ver-
mögensverhältnisse gekommen. Der Angeklagte stand schon seit
mehreren Jahren mit dem Gold- und Silberarbeiter Schmidt in
Hameln in Geschäftsverbindung. Im Mai v. J. fertigte Wagner
demselben 24 Speise- und einen Gemüselöffel. Der Angeklagte
gab den Silberfeingehalt auf 800 Theile an, während derselbe in
Wirklichkeit nur 304 Theile betrug. Der Zeuge Schmidt ist hier-
durch nicht unerheblich geschädigt worden. Auf dieselbe Weise
hat Wagner den Silberarbeiter Martin Pfeifer in Erlangen, den
Silberarbeiter Volbert in Notuln den Gold- und Silberarbeiter
Franz Zülke in Swinemünde, sowie den Juwelier Krämer in Neu-
wied betrogen. Nach den Ergebnissen einer umfänglichen Beweis-
aufnahme wurde der Angeklagte des Betrugs in fünf Fällen für
schuldig angesehen und deshalb zu 1 Jahr 10 Monaten Gefängnis,
sowie zum Verluste der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer
von 4 Jahren verurtheilt. Von der Gefängnisstrafe gelten zwei
Monate als durch die erlittene Untersuchungshaft verbüsst.
Der Gerichtshof in diesen Verhandlungen war zusammenge-
setzt aus Landgerichtsdirektor von Kyaw als Vorsitzenden, Land-
gerichtsräthen Köderitz, Möhn, Oertel und Hilfsrichter Assessor
Braune, beziehentlich Hilfsrichter Assessor Dr. Hucho, die Anklagen
vertraten Staatsanwalt Dr. Gensei, beziehentlich Staatsanwalt
Thieme-Garmann.

Kleine Abhandlungen.
Uhren als Ohrgehänge.
Einer handschriftlichen, bisher noch nicht veröffentlichten
Mittheilung ist zu entnehmen, das Kaiser Karl V. eine minutiöse,
äusserst zierliche Schlaguhr als Ohrgehänge zu tragen pflegte.
Man entnimmt diese Thatsache einem Briefe, datirt aus Paris vom
1. Dezember 1610, welcher die Unterschrift des niederländischen
Gesandtschafts-Sekretärs Simon trägt. Um diese Zeit war be-
kanntlich Erzherzog Albrecht von Oesterreich Stadthalter in den
Niederlanden, welcher gleich seiner Gemahlin, der Infantin Isabella,
eine grosse Vorliebe für mechanische Kunstwerke und Raritäten
hegte. Unter anderem wünschten die erlauchten Herrschaften
nach dem damals herrschenden Geschmacke zwei Schlaguhren
kleinster Form zu besitzen und beauftragten ihren Gesandten in
 
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