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Kunst- und Denkmalpflege in Schlesien: Niederschlesien — 2.1939

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Braun, Edmund Wilhelm: Studien zur schlesischen Barockplastik
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https://doi.org/10.11588/diglit.19995#0143
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Helfer Weisfeldts, des hl. Eustachius, gleich I)rennenden Flammen
emporzüngeln sehen. Noch W. Hogarth hat in seinem 1755 er-
schienenen „Analysis of beauty" unter Hinweis auf Lomazzo diese
Schlangenlinie als die „Linie der Schönheit" behandelt. Zu der 1754
von C. Mylius verfaßten Übersetzung des Hogarthschen Werkes hat
Lessing, ein Freund des Mylius. die Einleitung verfaßt.
Die dritte Figur ist durch eine eingestochene Inschrift auf den Sockel-
seiten, „S. SCHOLASTICA", als die Schwester des hl. Benedikt be-
zeichnet. In den Verhältnissen des Körpers offenbart sich ein anderes
plastisches Gestalten, die Figur ist kleiner, gedrungener und die
stark parallel laufenden Falten des Nonnenhabits sind weniger geist-
reich gezogen, sie wirken eintöniger, man möchte sagen, schemati-
scher. Dasselbe gilt von den beiden kopflosen Terrakotten, den
Torsi in Abb. 70, die wohl auch dem Modelleur der Scholastika zuzu-
schreiben sein dürften. Die Serpentintendenz der linken Figur
scheint etwas übertrieben zu sein. Auch die Gewandung zeigt nicht
jene geniale Sinnfälligkeit und Ordnung, wie die beiden erst-
besprochenen Bozzetti. Wir können deshalb, so sicher diese eigen-
händigen Werke Weisfeldts selbst sind, in den drei anderen Werk-
stattarbeiten erblicken, die unter den Augen des Meisters selbst, viel-
leicht sogar unter seiner Mitwirkung entstanden sind. Es soll noch
bemerkt werden, daß der rote Terrakottagrund grün und darüber
braun getönt ist, also einheitlich bei allen Stücken. Das entspricht
einem alten Atelierbrauch in den Bildhauerwerkstätten, der wohl
aus den Akademien übernommen wurde.

Suchen wir nach weiteren Übereinstimmungen. Die Bildung des
schlichten quadratischen Sockels von dreien der Troppauer Bozzetti
zeigen ebenso die Kamenzer Nothelferfiguren. Auch das Übergreifen
der Füße und Gewandteile über die Platte hinaus in den leeren
Raum scheint mir ein Charakteristikum der Werkstatt zu sein. Ver-
gleicht man den Kopf der Marienfigur links auf der Abb. 69 mit dem
Kopf der hl. Margaretha aus dem „Nothelfercyclus" (Wiese, S. 69,
Abb. 9), so wird die Übereinstimmung vollständig. Natürlich bleibt
es angesichts des formalen Reichtums des Meisters nicht bei diesem
suggestiven Frauentypus allein; ein anderes Mal umschreibt und
paraphrasiert er ihn ganz linear und ornamental, wie am Kopfe der
Iii. Barbara in Kamenz.

Das Bozzetto mit der Immaculata verhilft uns übrigens auch zur
Möglichkeit, eine schlesische Mariensäule, die zu Hirschberg, er-
richtet im Jahre 1712, der Werkstatt Weisfeldts zuzuschreiben. Schon
Wiese hat diese Diagnose vorgeschwebt: „Irgendwie muß er - näm-

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