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Kunst- und Denkmalpflege in Schlesien: Niederschlesien — 2.1939

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Zeisner, Josef Maria: Beispiele volkstümlicher Sinnbild-Malereien in Schlesien
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https://doi.org/10.11588/diglit.19995#0162
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Josef Maria Zeisner

Beispiele

volkstümlicher Sinnbild-Malereien in Schlesien

Anregung- zu nachstellenden Zeilen gab die Arbeit in der Bestands-
aufnahme der Kunstdenkmäler Niederschlesiens. Die Notwendigkeit,
auch für die weniger bedeutenden künstlerischen Schöpfungen, die
im allgemeinen nur aus Freude an der Naivität ihrer Motive und
Darstellungen betrachtet werden, Ursprung und Sinn zu finden, ließ
erkennen, daß in ihnen sich für die Beurteilung seiner Träger wich-
tiges Volksgut kundtut. Ohne etwas Abschließendes sagen zu wollen,
soll an Hand der im f olgenden vorgeführten Beispiele naehreforma-
torischer Ausmalungen in schlesischen Dorfkirchen einmal kurz auf
Entstehung und Sinngehalt dieser Erzeugnisse einer regen Volks-
kunst eingegangen werden.

Die Gruppe, die als Thema biblische Stoffe verwendet, geht zeitlich
am weitesten zurück. Eines der frühesten Beispiele in Schlesien
bildet wohl die durch Signatur an der Kanzel auf das Jahr 1584
datierte Emporenbemalung der Kirche zu Welkersdorf, Kreis Löwen-
berg. In den Brüstungsfeldern der Patronatsloge und der Emporen
finden sich Szenen des Alten und Neuen Testamentes, eine Art
„Biblia Pauperum", in volkstümlicher Auffassung und Malweise dar-
gestellt. Abraham Scholz aus Görlitz nennt sich als Maler. Besonders
reichhaltig ist das Programm in der evangelischen Kirche zu Zedlitz,
kreis Steinau. In den Feldern der kassettierten Decke erscheinen
43 der Genesis entlehnte, gemalte Darstellungen. Sie mögen um 1618
entstanden sein anläßlich einer Renovation, die der damalige Patron
Friedrich von Nostiz vornehmen ließ. Das Beiwerk dieser Bilder ist
größtenteils mitten aus dein täglichen ländlichen Leben gegriffen.
Aul dem Bilde des Sündenfalles trinken im Vordergrunde Hühner
aus einer Wasserpfütze, das Bündnis mit Adam schließt Gott vor
einem ländlichen Wirtschaftshof mit Wohnhaus und Stallgebäude,
und der trunkene Noah wird noch mit der Kornflasche am Munde
dargestellt. Darüber hinaus bereichert die Phantasie des ländlichen
Künstlers oft genug die überkommenen ikonographischen Vor-
stellungen; so etwa, wenn bei der Vertreibung aus dem Paradiese
der Tod als drohend schwarzes Gerippe sich zwischen Adam und Eva
stellt oder beim Turmbau zu Babel Gottvater in kriegerischem Ge-
wände zuschaut. Ähnliche, der Hl. Schrift entlehnte Biklerzyklen
finden sich dann in der Folgezeit immer häufiger, an der Empore der

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