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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Zimmern, Helen: Hubert Herkomer, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0022

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Hubert Herkomer. von H. Zimmern

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Herkomer als regelmäßiger Mitarbeiter für den künstlerischen Teil des Journals angestellt. Es fehlte ihm von
nun an nie wieder an Arbeit. Dies war der Wendepunkt in seiner Laufbahn, und mit welcher Freude wurde
derselbe von ihm und seinen Eltern begrüßt.

Die Holzschneidekunst, welcher sich der junge Herkomer und außer ihm noch manche andre Künstler,
die später berühmt geworden sind, jetzt widmeten, übte auf deren Malkunst einen günstigen und auch einen
ungünstigen Einfluß. „Sie führte", so sagt ein englischer Kunstkritiker, „den Künstler zur direkten Beobachtung
des täglichen Lebens, und sie gab ihm das Geschick, mit Leichtigkeit den Ausdruck für die empfangenen Ein-
drücke zu finden. Sie nötigte ihn, Gegenstände zur Darstellung zu bringen, welchen er sich vielleicht nicht aus
freier Wahl zugewandt haben würde, und sie ließ ihn charakteristische Eigenschaften und wirksame Züge ent
decken, welche ihm anderweitig wohl nicht zur Kenntnis gekommen wären. Solcherart wurden die jungen Maler,
welche von den ihnen durch den „Graphik" gebotenen Vorteilen angelockt, ihre Kunst in den Dienst der Holz-
schnitt-Illustration stellten, darauf hingewiesen, in Lebenssphären, die ihnen sonst abstoßend gewesen wären,
Schönheiten zu entdecken, und die Notwendigkeit, einer jeden ihrer Zeichnungen den künstlerischen Reiz eines
Gemäldes zu verleihen, schützte die schon in der neuen naturalistischen Strömung befindliche englische Kunst

vielleicht hie und da vor allzu krassen Proben von
Realismus, deren diese Schule auf dem Kontinent so
viele erzeugt hat. Anderseits niuß eingeräumt werden,
daß die Bedingungen, unter denen die Zeichnungen ge-
liefert wurden, mit einer gediegenen und feinen Aus-
führung nicht gut vereinbar waren. Die Schönheit eines
noch so einfachen Motives kann nicht in einem Zeitraum
von wenigen Wochen erschöpfend studiert und wieder-
gegeben werden; der Anstrich von Kraft und Gründlich-
keit, der diesen Illustrationen gegeben werden muß, führte
die Künstler vom richtigen Wege ab und die fortgesetzte
Thätigkeit dieser Art gereichte ihrer Kunst zum Schaden.

Zu dem Erfolge in der Holzschneidekunst gesellten
sich weitere in der Aquarellmalerei. Zwei Bilder
Herkomers, die 70/71 einen guten Platz in der Dudley-
Galerie bekommen hatten, fanden solchen Beifall, daß
er daraufhin eine Aufforderung erhielt, dem Institut
der Aquarellmaler als Mitglied beizutreten; und das
aus dem Verkauf der Bilder gelöste Geld ermöglichte
ihm unter Hiuzuuahme der vom „Graphik" erhaltenen
Bezahlung die Verwirklichung seines längst gehegten
Herzenswunsches — er konnte für den Vater und sich
einen fünf- bis sechswöchentlichen Aufenthalt im bayeri-
schen Hochland erschwingen.

„Wir verlebten dort köstliche Tage", sagt Herkomer;
„er mit seinem Hang zur Romantik und ich, von
glühendem Eifer der Jugend beseelt, stimmten gut mit
einander. Oft bereiteten wir unser Mahl zusammen
im Walde, und einen Hauptreiz fanden wir darin, ein Feuer an einem sprudelnden kristallhellen Bache anzu-
zünden." Im nächsten Jahr wurde dieses idyllische Leben noch dadurch verschönt, daß die Mutter daran Teil
nahm. Die väterliche Weisheit in Bezug auf die Entscheidung über des Sohnes Beruf hatte sich zu jener Zeit
schon klar herausgestellt. Herkomer befand sich schon in einer unabhängigen Lage, verdiente reichlich Geld und
war auf dem Wege zu Ruhm und Ehren.

Dieser zweiten Reise nach Bayern dankt Herkomers erstes bekanntes Ölgemälde: „Nach des Tages
Mühen" seine Entstehung. Es kam 1873 in der Kgl. Akademie in London zur Ausstellung und in eigentümlich
interessanter, dabei verständiger Art hat der junge Künstler auf dieser Darstellung einer abendlichen Szene ans
dem bayerischen Dorfleben die Manier seines Lehrers Walker übertragen.

(Der Schluß des Textes im nächsten Heft)
 
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