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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Preisausschreiben - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Kunstlteratur und vervielfältigende Werke
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https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0031

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Personal- und Ateliernachrichten — Denkmäler re.

— Berlin. Ter Bildhauer Joseph Kaff sack ist mit
seinem Freunde, dem Maler Paul Weimar, am 7. September
iu den Fluten des Wannscc bei Berlin ertrunken. Ter Verstorbene
hatte sich aus bescheidenen Ausäugen nach mühsamem Selbststudium
durchgerungen und zählte zu den begabtesten Berliner Bildbauern.
Das Leipziger Hauplpostgcbäudc schmückte er mit sechs Kolossal-
figureu und die Leipziger Friedhöfe bergen manches fcincmpsundenc
Denkmal seiner Vaud. Besonders gerühmt ward sein Entwurf
für das Kaiser Wilhelm-Denkmal, der für ein aus der Schlost-
freiheit zu errichtendes Monument, wie allgemein anerkannt, die
beste Lösung bot, auch wenn er nicht prämiiert wurde. Ter
Künstler war als liebenswürdiger, schassensfrohcr und vielver-
sprechender Mann allgemein beliebt, und das herbe (beschick, das
ihn im besten Manncsalter — er ist 184!) zu Regensburg ge-
boren — durch jähen Tod abrief, erregt Trauer allenthalben.
Ter Maler Paul Weimar entstammt einer Berliner Familie und
wurde im Jahre 1805 zu Berlin geboren. Er trat 1876 iu die
Kunstakademie ein und beendete 1886 seine Studien. Während
seiner Akademiezeit erhielt er 1882 eine Anerkennung und war
seit 1884 ständig auf der Berliner akademischen Ansstellung ver-
treten. Tie Leichen der beiden verunglückten Freunde sind nach
mehrtägigem Suchen geborgen worden.

* Dresden. Im hiesigen Carolahausc starb gelegentlich
eines Besuches in seiner Heimat am 27. August Emil Ltto
Gruudmann, der Direktor der Kunstakademie zu Boston.
Er war am 4. Tklober 1844 zu Meisten geboren, besuchte
die Zeichenschule der Porzellanmanufaktur, dann vier Jahre
die Kunstakademie zu Dresden und war insbesondere Schüler
von Hübner. Weiter ging er nach Antwerpen als Schüler
der Professoren de Kctzser und van Lerius, wo er mehrfach den
zweiten Preis, den höchsten, den Ausländer erreichen können,
errang. Nach zweijährigen Reisen in Holland und Belgien malle
er mit Güstens und Sivcrts an den Wandbildern im Stadthause zu
Npern, welche die Geschichte der Herzögc von Burgund darstelleu,
ferner in den Kathedralen zu St. Nicholas in Flandern und
St. Georg iu Antwerpen. 1873 bis 1876 lebte er in Düssel-
dorf, wo er namentlich Gcnrebildcr aus dem Fischerleben malte.
Tann traf ihn der Ruf, in Boston im Anschlüsse an das Museum
eine Kunstschule zu begründen. Er folgte diesem Rufe, und es
gelang ihm, die Bostoner .Kunstakademie zur ersten Kunstschule
der Bereinigten Staaten zu erheben. Eines seiner berühmtesten
Bilder, das in Amerika entstand, ist das Bildnis Benjamin
Franklins, das den Sitzungssaal des Regierungs-Hauses in Boston
schmückt. Auch sonst wurde seine künstlerische Thätigkcit durch
sein Lehramt aus die Ausführung von Bildnissen beschränkt.
Grundmann erfreute sich in Amerika hohen Ansehens.

Denkmäler ekr.

r. 8. Karlsruhe. (Ausstellung der Konkurrenz-
Entwürfe zu m Kaiser-Denkmal in K arlsru he.) Endlich
hat sich hier das Schicksal der Kaiser-Tenkmalfrage entschieden. Ter
Entwurf des Herrn Professor Bolz wurde mit dem ersten Preis
(3000 M.) ausgezeichnet und wird auf dem Kniscrplntz, der Er-
weiterung der Kaiserstraste am Mühlburger Thor, zur Ausführung
gelangen. Lang hat es gedauert, bis allein die Plapsragc entschieden
war. Zuerst hatte inan den Markt in Aussicht genommen: man wäre
hier gezwungen gewesen die Pyramide, unter der die Gebeine eines
badischen Markgrafen ruhen, zu beseitigen, da diese aus dem einzig
passenden Platze stand; doch verwarf man das als pietätlos.
Einmal dachte man sogar an den Friedrichsplatz, in dessen stillen
Anlagen dem Denkmal indessen wohl kaum die nötige Beachtung
gezollt worden wäre. Schliesslich entschied man sich für den
Kaiserplatz, wohl grösstenteils auf Veranlassung des Grostherzogs.
Dieser schrieb seine Wünsche in einem Handschreiben vor. Auch
die Form des Denkmals. Zuerst hatte man nämlich an eine
mehr architektonische Aufgabe, etiva einen Triumphbogen oder eine
Säulenhalle mit dem sitzenden Standbild des Kaisers, gedacht.
Seinerzeit waren die auf Bestellung der Stadt demgemäst aus-
gcführten Entwürfe des Pros. Bolz in der Festhalle ausgestellt
gewesen, worunter sich namentlich die sitzende Figur des Kaisers
im Krönuugsmantel auszeichnete, die, zwar nur klein skizziert, doch
eine solche Grösst und Majestät zum Ausdruck brachte, die au die
Auffassung römischer Cäsaren erinnerte. Trotzdem gefielen die
Entwürfe nicht recht: überhaupt nahm die "Angelegenheit durch
Eingreifen des Grostherzogs eine andre Wendung. — „Unter
Gottes freiem Himmel zu Pferd, in voller Manneskraft und der
ihm eigenen Würde must Kaiser Wilhelm dargestellt werden. Ein
großes Reiterbild, getragen von dem Volk in Waffen, von den

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Denkern und Staatsmännern — das großartige und erfolgreiche
Zusammenwirken aller darstellend." So hatte der Großherzog
gewünscht und man beeilte sich dem Befehle nachzukommen. Eine
Konkurrenz au Karlsruher Künstler, oder mindestens solche, die
aus der Karls-ruber Schule hcrvorgegangcu, wurde ausgeschrieben,
der vorgenannte Platz aus der Kaiserstraste hergerichtet, die Pferde-
bahnschiencn in weitem Bogen um die Mitte herumgelegt und
dort ein weiter Raum geschaffen, der zukünftige Sri des Denk-
mals, den vorläufig "Anlagen und ein Kandnlaber zieren. Anfangs
August hat sich das Preisgericht, das aus drei Bildhauern und zwei
Architekten bestand, entschieden. Wie bereits bemerkt, wurde Herrn
Prof. Bolz der erste Preis- und die Ausführung zuerkaunt: der
zweite Herrn Professor Heer, der dritte dem Bildhauer Herrn
G. Heitmann. Man hätte ihn wohl Herrn Pros. Möst ge-
geben, dessen Entwurf vielen Beifall fand, hätte derselbe sich bester
an die vorgeschricbenen Bedingungen gehalten. Der preisgekrönte
Entwurf ist, wie es- von Bolz zu erwarten war, mit Größe und
edler Mäßigung durchgeführt. Die Figur des Kaisers selbst ent-
spricht vollauf den vorgeschriebencn Bedingungen, das Pferd ver-
spricht allein ein Meisterwerk zu werden. Das niedrige, etwas
barocke, indessen sehr geschmackvolle Postament zeigt an seiner
Stirnseite das deutsche Wappen, umschlungen von der Kette des
schwarzen Adlerordens und überragt von der Kaiserkrone. Weib-
liche Genien schweben zur Seite. Tie Breitseiten füllen die Relief-
Porträts des Kaisers Friedrich, des Grostherzogs von Baden, Prinz
Friedrich Karls, Bismarcks und Mvltkcs. Einige flache Stufen
führen zu der Plattform hinauf, auf der sich der Sockel erhebt.
Ter figürliche Teil wird durch Brouzegust hergcstellt, das übrige
in Passaucr Granit. Der Kostenaufwand betrügt 200.000 M.
Heers Entwurf ist von ähnlicher Auffassung des Kaisers, wenn
auch nicht in derselben genialen, tiefen Durchdringung der Persön-
lichkeit. Das Ganze ist mehr anmutig und gefällig, weniger monu
mental. Je eine weibliche Figur hinten und vorn — die Sieges-
göttin und Elsaß-Lothringen spmbolisierend — zur Seite Reliefs
und Embleme. Heitmanns Entwurf ist einfach gehalten, die
Flanken schmücken ebenfalls Reliefs. Unter den übrigen Arbeiten
fiel eine mit dem Motto: „Jung-Deutschland" besonders aus.
Und zwar durch die mächtige Auffassung des Schlachtrosses, das
eine seltene Gestaltungskraft geschaffen haben must. Die Auffassung
des Kaisers ist eine echt militärische, den Helm ins. Gesicht gerückt,
mit gezogenem Degen. Daß er nicht zur Ausführung gelangen
würde, war fast vorauSznsehen, da er zu sehr der berechtigten
konventionellen "Auffassung eines Denkmals aus dem Wege geht.
"Aber eine geniale "Arbeit ist es doch, wenn man am Ende dem
Preisgericht, das vielen Wünschen gerecht werden must, so unrecht
nicht geben darf, umso mehr, als der prämiierte Entwurf den
höchsten "Anforderungen entspricht. Karlsruhe wird stolz auf dieses
Monument sein können.

* Dresden. Bei dem Wettbewerb um das Karlsruher
Kaiserdenkmal hat, wie erwähnt, der Bildhauer Bolz den ersten
Preis erhalten. Es ist dabei zu bemerken, daß an diesem Preise
auch der Architekt Wilhelm Rettig Anteil hat, welcher den
architektonischen und ornamentalen Teil des Preisgekrönten Ent-
wurfs geliefert hat. Das Urteil der Preisrichter rühmt besonders
das- wohl abgewogene Verhältnis des Sockels zum Reiter.
Wilhelm Rettig, der mit dem Berliner Architekten Pfann den
ersten Preis beim ersten Wettbewerb um das Berliner Kaiser
Wilhelm-Denkmal erhielt, ist seit Mitte Juli in Dresden als Stadt-
bauineisicr augcstellt. Seine erste Aufgabe ist die, für die städtischen
Markthallen Entwürfe zu liefern. Das städtische Bauwesen soll
überhaupt einen höhcrn Schwung nehmen; bei den städtischen
Bauten soll das künstlerisch-architektonische Element mehr be-
rücksichtigt werden. Zur Verwirklichung solcher Gedanken dürfte
. Wilhelm Rettig der richtige Manu sein.

— Münster. Bei der Preisbewerbung um das Kaiser-
Wilhelm-Denkmal an der Porta Westfalica wurden die beiden
ersten Preise dem Architekten Bruno Schmitz und den beiden
Architekten Keutter und Fischer in Dresden zuerkannt.
Zweite Preise errangen Architekt Neckelmann in Stuttgart
und Professor Hubert Stier in Hannover.

U. In Wein hei m wurde am 17. August im Beisein des
Grostherzogs ein Kaiser- und Krieger-Denkmal enthüllt. Dasselbe,
von Bildhauer Gg. Heitmann in Karlsruhe entworfen und
ausgeffihrt, darf als vorzüglich gelungen bezeichnet werden und
macht dem jungen strebsamen Künstler alle Ehre. Es ist dies-
derselbe Künstler, der bei der Konkurrenz um das- Kaiser Wilhelm-
Denkmal in Karlsruhe den dritten Preis erhielt.
 
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