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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Brandes, Otto: Albert Hynais
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https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0159

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von Mtto Brandes


kurze Zeit, »achlräglich zu teil. - MM. Slrvßmayer hatte den Lünstler in Paris uu den Muter Ezermak, ebenfalls
eiueu Tscheche», empfohlen, der über den engeren Landsmann überaus kühl empfing. Kurz entschlossen wandte sich
Hynais an Paul Baudry. Er hatte den richtigen Alaun getroffen. Es besteht eine gewisse "Analogie zwischen
dem Lebensgang beider Künstler. Beide sind armer Leute Lind, Baudry ist der Lohn eines Sabotiers, eines
Holzschuhmachermeisters, aus der Bendee, beide hatten sich in ihrer Äugend viel mit Musik beschäftigt, die Eltern
Baudrys wollten sogar aus ihrem Sohn einen Musiker machen, beide waren mit einem seltenen Mut, durchglüht vom
Teuer der Kunst, nach Paris gekommen, um in der Hauptstadt der Kunst ihren Weg zu machen. Ist es da
zu verwundern, das;, als Baudry in der Erzählung Hynais' sein Leben wie in einem Spiegel sah, er sich des
jungen Kunstgenossen annahm und
nicht müde wurde, ihn in seiner
künstlerischen Laufbahn zu fordern?

Er empfahl ihn zunächst Gerome,
der ihm hinreichend Arbeit verschaffte,
so daß er die Aussicht hatte, längere
Zeit in Paris bleiben und sich auf
der > tLcncksmis Ass deanx nrt8
dabei seinen Studien widmen zu
können. Hynais fing hier vollständig
von vorne an, ohne doch eigentlich
viel mehr zu erfahren, als ihm sein
Meister Feuerbach gesagt hatte.

„Eines habe ich von Feuerbach doch
nicht gelernt", erzählte er mir. „Er
behauptete, eilt guter Maler wisse zur
rechten Zeit mit dem Malen an einem
Werke aufzuhören. Ich kann mir
nie genug daran thun", und scherzend
fügte er hinzu: „Dagegen habe ich
eines ihm vollständig abgesehen —
er wußte wie keiner Pinsel zu
waschen, und das bringe ich auch
heute meisterhaft fertig."

Auf der Akademie brachte
Hynais zwei Jahre zu. Inzwischen
half er Baudry an verschiedenen De-
korationen, namentlich dem Plafond
für Vanderbilt: Hochzeit der Psyche.

Mit Stolz zeigt der Künstler in
seinem Atelier eine überaus massive
Staffelei und Stiege, Atelierein-
richtungen, und eine große Palette,
deren sich Baudry bedient hat. Diese
Thätigkeit förderte ihn aufs neue
für die späteren dekorativen Arbeiten.

Vielleicht hat er aber auch einige der
Jrrtümer des Meisters mit erwor-
ben, welcher in seinen Operndeko-
rationen viel mehr nach den Prinzipien des Stasfeleibildes, als nach denen der dekorativen Malerei
verführt, die durch die Kühnheit der Komposition, die großen Linien und die großen kolorierten Flächen zu wirken hat.
Auch Hynais' Figuren, namentlich auf dem Vorhänge für das tschechische Nationaltheater, wie geistreich die
Gliederung der Arbeit, sind zu fein ciseliert, mit allem Raffinement des Details ansgestaltet und selbst in der
Farbe verhältnismäßig subtil. Hat Baudry für die dekorative Malerei auf Hynais vielleicht gewirkt, so hat
bezüglich des Porträts Bastien Lepage unter den damals lebenden Künstlern einen besondern Eindruck auf ihn
gemacht. Es ist das natürlich. Ein Charakter, der wie Hynais in der Kunst die Wahrheit und nichts als
die Wahrheit sucht, muß von einem Genie, welches dieses Prinzip zu dem seinigcn gemacht hat, angeheimelt
werden. Begegnet er doch in den Werken Lepages der stillen Sammlung vor der Natur, der Gewissenhaftig-
keit und Ehrlichkeit, die er selbst als Kunstgrnndsätze hochhält und unausgesetzt zu bethätigen bemüht ist.


Ans A. 6ynais' Lkizzenbuch
 
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