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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Brandes, Otto: Albert Hynais
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https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0161

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von Dtto Brandes

NS

die wir in dieser Besprechung bereits hervorgehoben haben. Ein Erfolg bedingt den andern. Hynais erhielt
infolge dieser Arbeit wohl hauptsächlich den Auftrag für die Plafonddekorierung des Wiener Burgtheaters.
Es sind dies die Weyers Plafondgruppen erläuternden Medaillonbilder: Jungfrau von Orleans, Oedipus,
Falstaff und Harpagon und Lünettengemälde mit Dichterbildnissen aller Zeiten in Halbfigur. Besonders
geschätzt wurde die vornehme Farbengebung in diesen Bildern. Von ganz besonderem Reiz sind aber die
an den Logen des ersten und zweiten Ranges sich hinziehenden cameenartig von Hynais gemalten Kinder-
gruppen, in denen unser Künstler einen köstlichen Humor und eine feine Beobachtung der Kinderwelt knndgibt.
Hier hat der Einfluß Meister Feuerbachs wohl nachhaltig gewirkt, dessen Genie im Gastmahl des Plato wie
namentlich seine Amoretten im Urteil
des Paris dieselbe realistische Liebens-
würdigkeit atmen. Zwei Jahre lang
beschäftigten den Künstler diese Arbeiten,
die im Winter 1888 an Ort und
Stelle befestigt wurden. (Nach Aus-
führung dieses Plafonds erhielt Hynais
den Franz Joseph-Orden, 1888.)

Es kam die Weltausstellung
heran, in der er seine ganze Kraft
einsetzte, um den zusammenströmenden
Völkern nicht bloß die östereichische
Kunst, wie sie eine gewisse, auch hier
in Paris wirkende Coterie versteht,
zu zeigen, sondern ein Gesamtbild der-
selben mit ihren modernen Strö-
mungen zusammen zu bringen. Es
gelang ihm dies in hervorragendem
Maße, und seine Bemühungen wurden
von der französischen Regierung durch
die Verleihung der Ehrenlegion aner-
kannt, wie er für seine künstlerischen
Leistungen die große goldene Medaille
erhielt.

Nach Schluß der Ausstellung
ward Hynais der Entwurf für das
Diplom der österreichisch-ungarischen
Sektion übertragen. Das Blatt weist
zwar keinen neuen Schritt vorwärts
auf der künstlerischen Bahn auf, wir
bewundern aber auch an ihm den har-
monischen Aufbau, den Liebreiz der
Frauengestalten der Wissenschaft und
der Kunst, die flotte Behandlung der
durch "die Luft schießenden Genien,
den Rhythmus in dckc Bewegung der
lichtverbreitenden Fackelträgerin und
der Spenderin der Siegespalmen (für
welche die Skizzen in unfern Abbil-
dungen vorliegen). Augenblicklich ist

der Künstler mit der Dekoration einer großen Vase für die Pvrzellanmanufaktur in Sevres beauftragt. Neben
diesen großen Arbeiten hat Hynais eine Anzahl Porträts gemalt, von welchen das in unsrer Reproduktion
wiedergegebene braunlockige Mädchen im Salon 1886 berechtigtes Interesse erregte.

Wir stehen am Schlüsse unsres - Artikels. Ziehen wir die Summe der bis jetzt bethätigten Kunst
Hynais', so müssen wir seine Stärke weniger - in der mächtigen, dramatischen Gestaltung, als in der
Darstellung eines liebenswürdigen schönen Seins erkennen. Infolge seiner zahlreichen dekorativen Auf-
gaben hat ihn bis jetzt die Allegorie gefangen gehalten und das wirkliche Leben in seinem Ringen und
Kämpfen, in seinem Siegen und Unterliegen unberührt gelassen. Von einer seltenen Ausdrncksfähigkeit und
Flüssigkeit des Stiles, bis zur Kühlheit vornehm in der Farbe, rastlos bemüht, der Wahrheit in der .Kunst

Aus A. ffynais' Skizzenbuch
 
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