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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Kunstliteratur und vervielfältigende Kunst
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15S

Personal- und Ateliernachrichten — Denkmäler rc.

Pfarrerssohn zum Katholizismus hmüberzogen, ohne den er als
Gotiker später am allerwenigsten in Österreich fortgekommen wäre.
Jetzt, 1852, erhielt er auch den ersten Auftrag, zum Bau der
katholischen Kirche in Quedlinburg, dem bald eine Menge andrer
folgten. Dies veranlaßte die Berufung als Lehrer an die
Mailänder Akademie, die ihn traf, ehe er auch nur Italien oder
Frankreich gesehen hatte, welche zweifellos die Starrheit seines
gotischen Bekenntnisses gemildert hätten. Dennoch gelang es
ihm, sich sehr bald bei den Italienern trotz ihres Deutschenhasses
so in Kredit zu setzen, daß ihn die italienische Regierung als
Lehrer an der Anstalt behalten wollte, als zwei Jahre später
die Lombardei in ihren Besitz überging. Alle Anerbietungen

Aus F. Aallmorgcns Skizzenbuch

als guter Deutscher zurückweisend, kain der erst Vierunddreißig-
jährige jetzt nach Wien, wo ihm der geistvolle Minister Thun
eine Professur an der Akademie übertrug. Obwohl seine spröde
und harte, kampfgerüstete Behandlung der Gotik den Wienern
eigentlich recht unsympathisch war, paßte sie doch in jener Zeit
politischer und klerikaler Reaktion zu deren Ausdruck vortrefflich,
ja machte sich so rasch Platz, daß bald in allen Vorstädten seine
oft genial konstruierten, aber immer trocken und hart anmutenden
Kirchenbauten aufragten, ja', daß er viel mehr zu thun bekam,
als der doch den Wienern durch seine liebenswürdige Votiv-
kirche ungleich sympathischere Ferstel. Ebenso ward er bald
vermöge des hinreißenden Zaubers seines Wesens eine sehr
populäre Figur in Wien und gewann überall großen Einfluß.
Am meisten als Lehrer, wo ihm bald die Schüler in Massen
zuströmten, wie denn Hauberrisser, König, Stiasny, Teirich,
Wielemanns und der eigene Sohn aus seiner großen Schule
hervorgegangen sind, wie er sie denn ungleich großmütiger als

viele Andre auch weiterhin nach Kräften zu fördern suchte. Un-
streitig ward er selber, je mehr er gereist war und auch die
Wiener Lebenslust auf sich einwirken ließ, allmählich milder in
seinen künstlerischen Anschauungen, wie sich das in dem Haupt-
werk seines Lebens, dem Wiener Rathausbau, ausspricht. Wenn
diese Riesenarbeit zwar trotz der großen Konzessionen, die er darin
einer malerischeren Behandlung der Gotik nach der Seite der
italienischen Frühreuaissance gemacht hat, doch immer noch in
einem auffallenden Gegensatz zu allen dortigen Monumentalbauten
steht und am allerwenigsten der Ausdruck des Wiener Bürger-
tums des neunzehnten Jahrhunderts genannt werden kann,
so bleibt sie doch um so sicherer ein geniales und von gewaltiger
Herrschaft über die Bauformen zeugendes Werk. Wie denn bei
Schmidt das plastische Talent durchaus bedeutender ist als das
malerische, der Organismus seiner Bauten besser als ihre, die
schwäbische Härte und Sprödigkeit nie ganz verleugnende Aus-
führung. Deshalb, weil er wenig Sinn hat für malerische
Wirkungen, ist denn auch seine Thätigkeit als Restaurator am
anfechtbarsten, speziell die als Dombaumeister von St. Stephan.
Immer aber wird man in seinen Bauten die gewaltige Persön-
lichkeit alsbald herausfühlen, die jedenfalls zu den bedeutendsten
gehört, die unser Jahrhundert in diesem Fach hervorgebracht hat.

tr. Düsseldorf. Am 17. Januar starb der Nestor der
Düsseldorfer Künstler, Geschichtsmaler Prof. Heinrich Mücke,
im beinahe vollendeten 86. Lebensjahre. Geboren am 9. April
1806 zu Breslau, war er der letzte der Künstlerschar, die Wilh.
v. Schadow im Jahre 1826 von Berlin nach Düsseldorf folgte.
Im Jahre 1844 wurde Mücke Lehrer der Anatomie an der
hiesigen kgl. Kunstakademie und erhielt 1849 den Professortitel.
Auch bekleidete er lange Jahre das Amt des Inspektors der
Akademie. Seit ca. 20 Jahren war er pensioniert.

Gestorben. Am 5. Januar zu London der Karikaturenzeichner
des Punch, Charles S. Kcene, 68 Jahre alt — Die französische
Kunst hat den Verlust zweier hervorragender Künstler zu be-
trauern. Am 18. Januar zu Paris im Alter von 54 Jahren
Eugene Delaplanche, ein hervorragender Bildhauer Frankreichs.
Er erhielt 1878 die Ehrcnmedaille des Salons. Am gleichen
Tage starb sein Kunstgenosse Mine Millet. War Delaplanche
einer der Realisten der. französischen Bildhauerkunst, so hielt sich
Millet streng an die Uberlieserungen des Klassizismus. — Zu
Budapest im Alter von 77 Jahren Nikolaus Ubl, der hervor-
ragendste Architekt Ungarns.

Denkmäler eke.

— Kiew. Die Stadtgemeinde Kiew beschloß, Kaiser Nikolaus I-
ein Denkmal zu errichten, dessen Kosten aus 30,000 Rubel ver-
anschlagt sind. Die bisherigen Sammlungen ergaben 30,000
Rubel. Die Konkurrenz für das Denkmal soll eine internationale
sein. —

— Hanau. Das Komitee für das Grimm-Denkmal hat
den Kultusminister gebeten, die Staatsunterstützung von 7200 M.
auf 14,000 M. erhöhen zu wollen. Die Verhandlungen mit
Professor S. Eberle sind dem Abschluß nahe.

— Frankfurt a. M. Nach dem Preisausschreiben für
das Denkmal Kaiser Wilhelms I. sind für die drei hervorragendsten
Konkurrenzentwürfe Preise von je 4000 M. ausgesetzt; die drei
Verfasser haben die Verpflichtung, ihre plastischen Skizzen binnen
vier Monaten im größeren Maßstab auszuarbeiten und zu einem
engeren Wettbewerb einzureichen. Das Preisgericht, bestehend
aus Professor Rob. Diez in Dresden, Ferd. v. Miller in
München, Professor F. Sch aper in Berlin, Architekt Franz
v. Hoven hier und Professor Eugen Klimsch hier, ist am
16. Januar zusammengetreten. Eine größere Anzahl der einge-
reichten 51 Entwürfe mußte, weil sie den in dem Programm vor-
geschriebenen Maßen nicht entsprachen, von dem Wettbewerb aus-
geschlossen werden. Leider befanden sich darunter, nach dem Urteil
des Preisgerichts, künstlerisch besonders hervorragende Leistungen:
in erster Linie war es Nr. 10 (Motto: „Der alten Kaiser Wahl-
und Krönungsstadt"), sowie eine Kombination der von Einem
Verfasser herrührenden Nr. 26 und 52 (Motto: >suum cuigue«),
welche die Aufmerksamkeit der Preisrichter in hohem Grade in
Anspruch nahmen. Unter den dem Programm entsprechenden
Entwürfen bezeichnet? das Preisgericht nach eingehendster, durch
die Gleichwertigkeit einer größeren Anzahl von Entwürfen er-
schwerter Prüfung die Nummer 9 (Motto: „München 1890"),
11 („Palatium") und 20 („Siegesboten") als die drei relativ
besten. Als Verfasser ergaben sich bei Eröffnung der Couverts:
Nr. 9: Ru d olf Maison, Bildhauer, und Professor L. Rom eis,
 
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