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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Unsre Bilder
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Unsre Bilder, vom Herausgeber

Das Orchester, von Ludwig Lesker

mit diesem Bild, wo er ihnen näher gekommen ist als
fast irgend ein Neuerer. Denn niemand versteht besser
als unser Meister, das bloß äußerlich Nachahmcn klassischer
Vorbilder vom Eindringen in den Geist und die Technik
der großen Alten, also vom Nachschaffen zu trennen.
Man findet in diesem bewunderungswürdigen Bild An-
klängc an die verschiedensten alten Meister, an Murillo,
Guido Reni, Titian, und doch alle» so harmonisch verschmolzen
zu einem hinreißend lebendigen und bezaubernden Ganzen,
wie es alten und neuen Klassicisten nur in den allerseltensten
Fällen gelungen Tenn schon der herrliche Kopf der
Madonna, mit seiner Vereinigung von Hingebung, Demut
und Reinheit, nicht minder aber auch der köstlich erfundene
rosenstreuende Engel unten, dann besonders der mächtig
emporstrebende Zug der ganzen Komposition tragen durch-
aus den Charakter eigener Inspiration, gehören ganz
dem Maler selber. Nicht minder die glückliche Ver-
teilung und der so wirksame Zusammenhang der Licht-
und Schattenmassen. Dabei bewegen sich alle Figuren so
edel und ungezwungen, wie es z. B. einem Ingres nie
gelingen wollen, so hochachtbar er auch das Einzelne durch-
bildet. Bei unfern romantischen Klassicisten aber, wie
Overbeck, Veith, Heß, war ja an eine so vollendete Malerei,
anZolches Raumgefühl und diesen Lichteszauber gar nicht
zu denken. Welch lange Arbeit von Carstens bis ans
unsre Tage mußte da nicht voransgehcn, um dergleichen
nur wieder zu ermöglichen! Gerade, daß es ganz un-
thunlich wäre, sich in diese Verteilung von Licht- und
Schattenmassen, diese Silhouetten irgend einen andern

als hohen und edlen Vorgang hineinzudenken, das be-
weist uns am besten, welch tiefes Verständnis für den
erhabensten Stil der Malerei sich Löfftz errungen. Wir
haben unter unfern Klassicisten schon große Zeichner, seit
Mengs aber nie mehr einen solchen echten Maler gehabt
wie Löfftz, der mit diesem Bild sich denn auch selber zum
natürlichen Haupt unsrer Schule aufgcschwungen, da hier
die tiefe künstlerische Empfindung und das gediegenste
Können sich gleich wohlthucnd die Wage halten. Man
atmet darum förmlich ans, wenn man endlich etwas sicht,
was uns die tröstliche Gewißheit gibt, daß unsrer Kunst
der Sinn für das Erhabene, für das Edle und Ewige
in der Kunst noch lange nicht abhanden gekommen.

Bei unfern Nachbarn, den Franzosen, hat es sich
merkwürdigerweise immer von selbst verstanden, daß man
die Alten studiert, und keiner von allen hat es je unter-
lassen. Bei uns, ihren ewigen Nachäffcrn aber, muß man
immer wieder darauf aufmerksam machen, daß unsre Kunst
regelmäßig ihre schönsten Triumphe errang, wenn sie sich
zu solchem Studium hcrabließ, statt ans eigene Faust
alte Weiber zu verherrlichen. Das beweisen nicht etwa
nur Mengs oder Carstens und die Romantiker, wie
Cornelius, Overbeck und Veith, Schwind und Richter, so
einseitig ihr Studium derselben auch war, sondern nicht
minder Feuerbach, Piloty, Lenbach, Max und besonders
Makart oder Fr. Aug. Kanlbach mehr als alle andern,
wie in neuester Zeit Diez, Löfftz, El. Meyer, von den
Landschaftern"gar nicht zu sprechen. Ta kann man denn
wohl hoffen, daß dies Studium doch vielleicht einmal an
 
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