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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Springer, Jaro: Die internationale Kunstausstellung zu Berlin, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0333

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Die Internationale Kunstausstellung zu Berlin

drängt und schiebt sich unaufhörlich eine fröhliche, lachende Menge. Diese „Susanna im Bade" ist ein anti-
semitischer Ulk, und mit einer köstlichen ^ouLlaalancs gemalt und gezeichnet. Eine nackte feiste Jüdin kauert
in einem niedrigen Bassin, hätte sie sich nicht so ganz entkleidet, so wäre man beinahe versucht die Kommerzien-
rätin wiederzuerkennen und die Adresse anzugeben. Über den Rand des Bades neigt sich ein alter Jude mit
feuerrotem Gesicht und tätschelt die Überraschte, die mit entsetzten Augen aus dem Bild heraussieht, auf den
Rücken. Rechts sieht ein zweiter, der die Verwandtschaft mit hosenverkaufenden Jünglingen von Mühlendamm
nicht leugnen kann, verschmitzt zu. Zum Vorteil seiner Beurteilung zeigen die beiden andern Bilder Böcklin
von seiner ernsten und besten Seite. So vor allem „Der Tanz um die Bacchussäule". Ans der Anhöhe
rechts ein Rundtempel neben einem stillen Wasser, auf dem schmalen, mit buntem Mosaik geschmückten Steg
mehrere Frauen in hellvioletten durchscheinenden Mänteln. Von links springen einige Reiter in grellroten
Mänteln herbei. Im Hintergrund eine Prächtige Baumgruppe im roten und gelben Schmuck des Herbstes.

Daneben ein reizvolles Stückchen Land-
schaft, ein weites, duftiges Thal. Die
„Meeresstille" zeigt wieder die wunderbaren
Wassergeschöpfe, die Böcklins wilde Phantasie
so lebenswahr geschaffen hat. Ein rot-
haariges, jugendschönes Meerweibchen liegt
auf einem Felsen, auf ihrem glänzenden
schuppigen Fischleib haben sich Möven
niedergelassen. Vorn unter Wasser ein
greuliches grünes Ungetüm, das zur
Schönen begehrlich ausschaut.

Der erste Saal hinter dem unter der
Kuppel gelegenen Vestibül ist wie im vorigen
Jahr als „Ehrensaal" eingerichtet und zur
Aufnahme bevorzugter Kaiserbilder und ge-
malter Staatsaktionen bestimmt. Wer die
Ausstellung durch ihn zuerst betritt, be-
kommt von den hier befindlichen Bildern
zunächst keinen guten Eindruck. Als Haupt-
stück hat man F. Kellers „Apotheose
Kaiser Wilhelms I." hierhergeschafft, die
schon seit längerer Zeit im Besitz der
Berliner Nationalgalerie ist. Bei Kunst-
freunden mit Anschauungen der älteren
Generation findet das idealistische Bild
großen Beifall. Die nüchterne Jugend
kommt über das Unmögliche und Unwahre
des Vorganges nicht hinweg, zumal da es
sich um Persönlichkeiten handelt, die wir
noch unter uns haben wandeln sehen.

H. v. Angeli's große Bildnisse der
beiden regierenden Majestäten erscheinen
hier recht ungünstig. Über das Bild der
Kaiserin ist schon früher in dieser Zeitschrift
berichtet worden. Das des Kaisers ist noch
weniger glücklich. Zwei kleinere Bildnisse können aber wieder mit Angeli versöhnen, das treffliche der Kaiserin
Friedrich ist vielleicht etwas zu posiert, ein reizendes frisches Bild ist aber das Porträt der Prinzessin Viktoria.
Auch Wimmer's Bildniß des Kaisers will nicht recht befriedigen, es ist eine gewaltige Leinwand, die den
Kaiser in der Uniform des Garde du Corps auf einem Rappen reitend zeigt. Die Porträtähnlichkeit ist un-
leugbar groß, aber Reiter und Pferd sind in matter Haltung, die weite Landschaft, in der der Kaiser so ein-
sam reitet, wirkt auch noch so öde. „Kronprinz Friedrich Wilhelm an der Leiche des Generals Abel Douay"
von A. v. Werner war schon auf der vorigen Berliner Ausstellung. Die'beiden Farbenskizzen (zur Krönung
Friedrich I. und zur Eröffnung des Reichstages 1888) geben trotz sehr sorgfältiger Ausführung doch nur einen
sehr mangelhaften Begriff von dem, was Werner kann. Gleichfalls schon älter ist das Bild „Rückkehr des
Kaisers von der Bärenjagd beim Fürsten Radziwill" von I. Fa lat, einem in Berlin lebenden polnischen
Maler. Trefflich ist der Schnee gemalt, auf dem die untergehende Wintersonne von allen Gegenständen

Der erste Versuch. Von Wilhelm irrübner

Berliner Internationale Kunstausstellung 1891
 
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