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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Pecht, Friedrich: Paul Chumann
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https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0374

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292

Paul Thnmann

erlauben. Von der dreifachen Aufgabe zu malen, zu illustrieren
und zu unterrichten ermüdet, auch wohl mit um dem gelehrten Berlin
zu entgehen, gab Thnmann seine Professur an der dortigen Akademie
1887 auf, um dann die nächsten drei Jahre größtenteils in Italien
zuzubringen. Dort entstund unter andern Bildern auch ein
meisterhaft ausgeführter „Vasenmaler", der bei der Arbeit von der
Geliebten belauscht wird, ein Bild von überraschender Schönheit
des Kolorits, ferner eine bezaubernd liebenswürdige „Psyche", die
ihr Bild im Spiegel eines Quells betrachtet, endlich als Pendant
zu den „Parzen" drei „Sirenen", eine nicht weniger interessante
Frauengrnppe, an welcher der letzten Herbst ans Italien nach
München zurttckgekehrte Künstler noch arbeitet.

Ist es dem Meister gelungen, altgriechische Stoffe zu be-
handeln, ohne je zu antikisieren und dabei statt Blut und Leben,
Gips zu geben, wie es so vielen andern begegnet, ja bleibt er
immer echt national, gleichviel ob er das beabsichtigt habe oder
nicht, so kann man doch keine richtige Vorstellung von der un-
ermeßlichen Thätigkeit unsers Künstlers bekommen, wenn man
nicht bedenkt, daß zwischen die hier erwähnten Werke nicht nur
eine Menge Porträte, Stndienköpfe, sondern vor allem mindestens
2600 Illustrationen fallen, die er nacheinander für Berthold
Auerbachs Kalender, die „Spinnstube", die „Deutschen Klassiker",
„Volkslieder", „Deutsche Jugend", dann zu „Enoch Arden", „Frauen-
liebe nnö Leben", „Lebensbilder", „Amor und Psyche", „Für
Mutter und Kind", zu
,Vater unser" n. s. w. ge-
zeichnet! Das ist nun eine Fruchtbarkeit, wie sie selbst die des uner-
schöpflichen Chodowiecky oder des älteren Ramberg übertrifft, mit welchem,
wie seinem Münchener Neffen, Thnmann sonst manche Ähnlichkeit hat.

Es liegt aber in dem leichten und glücklichen Naturell des Künstlers
tief begründet, daß er auch allem schweren und tragischen möglichst
aus dem Wege geht; für ihn ist die Kunst zum Erfreuen und Er-
heitern da, er will höchstens rühren, aber nicht erschüttern und ist
alles eher, denn ein Bußprediger. Für ihn ist die Schönheit wirklich
das Ziel der Kunst und er gehört zu nichts weniger, als zu jenen
Propheten des Häßlichen, welche es immer mit dem Wahren ver-
wechseln, ohne demselben deshalb viel näher zu kommen, als andre
Christenmenschen. — Deshalb gilt Thnmann denn auch bei unfern
„Neuesten" schon für veraltet, obwohl er unermüdlich nach höherer
Gediegenheit ringt und wahrscheinlich länger als sie alle dauern
wird. Auf der Höhe des Lebens und ruhmvollen Schaffens ange-
langt, kann unser Meister aber auf eine Wirksamkeit zurückblicken,
die so unendlich vielen edle Freuden und Genüsse bereitet hat, als
es nur sehr wenigen Auserwählten gegönnt ward.

Rus Garthes „Wahrheit und Dichtung"
von P Thnmann

„Heine" und dein „Rattenfänger", wie dem

Aphorismen

von A. Stier

^ieh, es geht in der Kunst wie allenthalben im Leben,
Wenn du fertig dich dünkst, so widersteht dir der Gott,

Wenn du in Demut jedoch die eigene Schwachheit erkennend
Immer ein Ringender bleibst, findest du Gnade bei ihm.

Awei Wörter gibt's, die passen schlecht
Zur freien Kunst; sie mag die beiden
von altersher auch wenig leiden:

„Stilvoll" und „kunstgerecht".

Lus Paul Thumauns Zkiizeubuch
 
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