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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Erste deutsche Fächerausstellung in Karlsruhe
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https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0418

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Z28

Erste deutsche Fächerausstellung in Karlsruhe, von p.

und für die wir keinen Namen haben, Wohl, weil dieser
kleine Kram für uns nicht so Bedürfnis ist, wie ihm.
Übrigens enthält diese Abteilung die bewunderungs-
würdigsten Erzeugnisse der Kleinkunst; uns aber inter-
essiert vor allem der erste Teil der Ausstellung, der die
besten Namen unsrer Kunstwelt aufweist.

Obenan steht als mustergiltiger Typus aller ge-
malten Fächer das berühmte Blatt F. A. v. Kaulbachs,
das, im Besitz des Baron Schneider, von diesem der
Ausstellung überlassen wurde. Es ist in echter Kanlbach,
zart, duftig, anmutig, wie nur er sein kann, und dabei
doch in keiner Linie süßlich oder konventionell. Dabei
scheinbar so einfach gemacht, daß man das angenehme
Gefühl hat, als sei er spielend, ohne jegliche Mühe
entstanden — ein rechter Fächer!

Ein zweites berühmtes Blatt ist das von Makart
(aus der Nationalgalerie in Berlin) mit einer Fülle von
Genien und Putten, auf Holz gemalt, teilweise sogar
nur gezeichnet. — Mit die interessantesten Stücke der
ganzen Ausstellung sind fünf große Holzfächer (vier im
Besitz des Herrn Hofschanspielcr Dreher in München,
einer in dem der Kunsthandlung Fleischmann). Auf einer
jeden Rippe hat sich ein andrer Münchener Maler ver-
ewigt. Da entdeckt man mit Vergnügen ein kleines
Selbstporträt Klaus Meyers; einen dicken Mönch, den
nur Grützner gemalt haben kann, den Putto, den Stuck
erfunden hat, ein Frauenköpfchen, das wir von Piglheim
schon einmal in Pastell gesehen haben; einen Affen, der
von Gabr. Max herzurühren scheint. Lenbach hat das
Porträt seiner — Palette geliefert; kurz, die drolligsten
Einfälle ans so engem Rahmen vereinigt; um noch
Namen zu nennen, seien bloß E. Zimmermann,
Schapsinger, Papperitz, Herterich, A. Keller, Firle, Math.
Schmidt, Brandt, Schönleber, Marr, Höcker re. erwähnt.

Den größten Beitrag lieferte die ungemein reiche
Sammlung Rosenberg. Da ist vor allem von Karls-
ruher Künstlern Ferd. Keller vertreten, auf dessen Fächer-
blatt eine das Medaillon der Königin Louise tragende
Amorette schwebt, die uns von seinem Kaiser Wilhelm
her bekannt vorkommt; darüber ein echt Kellerscher Adler;
ein Plüsch-Passepartout von zart blaugrauem Ton mit
vergoldeter Stückarbeit umrahmt das Ganze. Dann
Kanoldt: drei Rokokolandschaften im Geschmack Watteans,
in reichem Ornament; zwei Fächer von Schönlebcr, der eine
sehr originelle Marine auf weißem Atlas mit geschickter
Benutzung des Untergrundes; zwei von Baisch, auf dem
einen eine Strandlandschaft, dem andern eine Figuren-
scene, aus der man Baisch kaum wiedererkennt, — ein
Kentaur galoppiert in eine Strandwoge hinein, augen-
scheinlich in der besten Absicht, zwei Nymphchcn zu
fangen, die sich in Gemeinschaft mit einem Potwal auf
dem Meere Herumtreiben; von Ritter ein sehr zart ge-
malter weiblicher Akt auf einem Eisbärenfell.

Endlich von Bär ein ornamentaler Fächer mit Minia-
tur-Porträts. — Alle Namen zu nennen, wäre unmöglich;
von den auswärtigen Künstlern aber seien noch beson-
ders hervorgehoben: zwei ganz entzückende Arbeiten von
E. Klimsch in Frankfurt, die anmutige Rokokoscenen in
liebevollster Ausführung behandeln; bei dem einen ist
noch die schöne, in Silber getriebene Fassung von
Hessenberg L Ko. in Frankfurt zu erwähnen. Dann
Schmutzler, Papperitz, Lossow, den man schon von weitem
erkennt, Simm, von der Münchener Jahresausstellung

91 her bekannt, Fr. Fehr, dessen „Balletomanie", wie
der Spottvogel 91 es nennt, sich auch hier äußert; auch
Rußland ist ausnahmsweise vertreten durch eine Wald-
landschaft von Junge. — Diese Sammlungen sind natür-
lich von der Preisbewerbung ausgeschlossen; die Kon-
kurrenz beschickten von Karlsruhern H. Kley mit einer
Boudoirscene von stupenter Technik, der Aquarellist
Franz Hain (dessen figurenreiches Blatt „Aschenbrödel"
im Besitz Rosenberg noch erwähnt sei) mit einem ge-
schickt montierten Fächer „Märchen"; K. Eyth in kost-
barer Fassung eine musizierende Frauengruppe, die in
der Auffassung an die Venetianer erinnert, von orna-
mentaler Umrahmung umgeben, v. Meckels beide Fächer
sind höchst originell; sie bestehen aus Orientbildern, die
sich auf dem Passepartout fortsetzen; von Bergmann ein
Motiv aus Niederungarn; dann noch Kallmorgen, v. Volk-
mann, Nagel, Kampmann. Von Blumenmalerinnen Frau
Kallmorgen,Frl.Strohmeyer,Frl. S. Ley,Frl.Irene Braun,
Frau Hesse. Auch von auswärts kamen reiche Beiträge.
So von Karl Gehrts eine drollige Begegnung zwischen
Putten und Gnomen; von Meyerheim drei Fächer, der
eine mit einem großen Eisbären. Besonders anziehend
wirkt ein auf schimmernd weißen Atlas gemalter Fächer
von L. Tettmann (in Berlin) mit Schmetterlingen und
Blumen, dessen ganze glänzende Farbstimmung unwill-
kürlich an Perlmutter erinnert, in das er auch gefaßt
ist. Auch die Blumen von Adolf Nöther in Dresden
verdienen als geradezu mustergültig hervorgehoben zu
werden. Einzeln beschreiben lassen sich in der Kürze
des Raumes die Malereien nicht alle; erwähnt aber seien
noch die hübschen Ballscenen von Herrfurth in Weimar,
Ernest. Mack in München, die sogar Buffallo Bills
^Vost auf dem Fächer verewigt, Niemeyer, Schübel,
C. Koch, H. Storch, Koberstein, Schrödl. —

Unter den alten Fächern, die den breitesten Raum
einnehmen, ist vor allem die reiche Sammlung zu er-
wähnen, die der Großherzog von Baden zur Verfügung
stellte, neben diesem noch viele Fürstenhäuser. Inter-
essant sind die sieben Fächer mit Scenen aus Wagner-
schen Opern, die von Widmann für den König Ludwig
von Bayern gemalt wurden. Von Stickereien wären
endlich noch zu nennen die Arbeiten von Frl. Karoline
Baumann in Straßburg und die der Kunststickereischule in
Karlsruhe. — Seltsam berühren uns die alten Fächer-
radierungen und Stiche von Chodowiecky, Collot, Loire,
van Bosch u. s. w., großenteils in der Sammlung Rosen-
berg. — Unter den Firmen, die Fächermonturen lieferten,
fällt neben dem bereits erwähnten Hessenberg L Ko. noch
Schürmann in Frankfurt auf; unter den andern kunst-
gewerblichen Gegenständen werden noch als besonders
sehenswert die bosnischen und herzogowinischen In-
krustation- und Tauschier-Arbeiten auf Holz und Metall
hervorgehoben.

Die Ausstellung wurde eröffnet am Sonntag den
28. Juni. Das ganze Arrangement ist vortrefflich; durch
die Vorhalle, die mit mächtigen Gobelins aus den Schlössern
Bruchsal und Karlsruhe, Plastischen Arbeiten und Pflanzen
geschmückt ist, betritt man die eigentlichen Ausstellungs-
räume, die geräumig und hell sind. Zur Erinnerung
wird ein billiger Fächer, von der Kunstgewerbeschule ent-
worfen und von Bloß, Karlsruhe, ausgeführt, feilgeboten.
—- Man sieht, in diesem Sommer ist unsere Stadt sogar
mit zwiefachem Rechte die „Fächerstadt" zu nennen.
 
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